Süße kleine Fluchten an der Brunnenstraße

Im Du Bonheur bietet Meister-Patissière Anna Plagens köstliche Macarons und himmlische Törtchen an

Anna Plagens, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Anna Plagens, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

„Die Chefin kommt gleich“, sagt die freundliche Bedienung im Du Bonheur. Vor einer rustikalen Ziegelwand unter freigelegtem Stuck befindet sich das Ziel der Genießer. In einer großen, hellen Vitrine werden Macarons in allen Farben, kleiner Törtchen-Kunstwerke und Brote und Croissants zur Schau gestellt wie edler Schmuck. Im Lokal ist die Hälfte der rund zwanzig weißen Sitzplätze besetzt. Einige Gäste sitzen vor einer kleinen Etagère und frühstücken, andere genießen einen Kaffee zum Gebäck.
Anna Plagens hat nichts dagegen, dass ihr in der Backstube über die Schulter geschaut wird. Konzentriert flammt die 35-Jährige die Baiser-Decke von einem Dutzend Ribisel-Tartes ab. „Ribisel ist der österreichische Name für Rote Johannisbeeren“, erklärt sie ohne aufzusehen, während die Spitzen des weißen Eischaums Eichenholzfarbe annehmen. Über der Patissière stehen Schübe mit Mandelstaub, Walnüssen, Rohrzucker, gerösteten Haselnüssen, Hippenflocken, Feigen, Aprikosen und Dutzende weitere Zutaten für ihre Bäckerei. Nach dem Abflammen schreibt sie noch mit flüssiger Schokolade den Vornamen der Kundin auf eine hausgemachte Scheibe weißer Schokolade. Der ganze Körper ist angespannt und bewegt sich von den Füßen bis zu den Schultern, während sie den Namen schreibt. Hat sie so gelernt, vor fünfzehn Jahren, nach dem Abitur, im Elsass.
Anna Plagens, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Anna Plagens, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Später ging sie zur berühmten Bäckerei Demel in Wien, und dann zum Papst der Macarons, Pierre Hermé, nach Paris. Fünf Jahre blieb sie dort, davon dreieinhalb Jahre in  der Produktentwicklung und hätte in der Stadt der Liebe bleiben können. „Eigentlich ein Traumjob, durch die Welt reisen und Neues kreieren“, sagt sie, nun beim Kaffee an einen Holztresen gelehnt. Doch Anna Plagens liebt Herausforderungen, „und Berlin war spannender.“ Mit einem Partner eröffnete sie nach einem Jahr Planung und Umbau 2013 das Du Bonheur. Der Name ist eine Erinnerung an ihre Zeit in Frankreich, er bedeutet „Glück“. Wenig später 2015 wurde der Partner Vater und arbeitet nun als Angestellter Teilzeit im Geschäft. „Die Herausforderungen hören nicht auf“, sagt die gebürtige Hannoveranerin. Gerade sind zwei Bedienungen und eine Konditorin krank, das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür.
Alles das interessiert die Kunden nicht, die mit verträumtem Blick vor der Vitrine stehen und sich der Qual der Wahl ergeben. Vanille- oder Schoko-Macaron, Pistazie oder Lakritz, Sandorn oder Cassis?

Küchlein, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Küchlein, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Fruchtige Tarte Citron oder wuchtige Schoko-Birnen-Törtchen, herbstliche Feigen-Cassis-Tarte oder lieber ein klassisches Eclair? Um vier Euro kosten die süßen kleinen Fluchten, und ersetzen, zumindest kalorienmäßig, eine Mahlzeit. Einmal im Mund, entführen die Köstlichkeiten in eine andere Welt, eine gute, ohne Sorgen, eine voller Genuss und Geschmack.
Um die Ecke steht eine Kiste Quitten. „Hat eine Kundin mitgebracht, mal sehen, was wir damit machen“, sagt sie. In einer Macaron-Sorte verwendet sie die pürierten Früchte der Eberesche und bringt so eine grandiose säuerliche Bitterkeit zwischen die süßen Eischnee-Hälften. Die haben in den letzten zehn Jahren aus Frankreich kommend ihren Siegeszug auch in die deutsche Patisserie angetreten. Noch immer sind sie ein exotisches Gebäck, aber wer sie einmal im Mund hatte, ist verzaubert von dem Erlebnis des krachigen Baiserteigs und dem cremigen Kern, in der Regel eine Ganache, eine Masse aus aufgekochter Sahne und Fruchtmark oder Schokolade.
Für ihre Macarons verwendet Anna Plagens ausschließlich die italienische Merengue. Dabei wird ein Zuckersirup bei 116°C ins Eiweiß gerührt. Anschließend wird die Masse in Objektivdeckelgroße Tupfen auf ein Blech gespritzt und 20 Minuten bei 170° Grad gebacken. „Das Besondere an der italienischen Merengue ist, dass sie eine besonders geschmeidige und dichte Masse ermöglicht“, erklärt die Pâtissière, die 2015 ihren Meister in Berlin machte. Die gebackenen Macaron-Hälften werden erst gefüllt und zusammengesetzt, dann kommen sie in die Kühlung oder bis zur weiteren Verarbeitung in die Tiefkühlung. Später werden sie per Hand gefüllt und zusammengesetzt. „Viele Arbeitsschritte“, sagt Anna Plagens. Die rechtfertigen den Preis von 1,70 Euro pro Stück.

Macarons, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Macarons, Du Bonheur, Berlin 2016 © FM Rohm

Angeblich haben die Macarons ihren Weg über Nordafrika nach Europa gefunden. Schon vor mehr als tausend Jahren soll die arabische Technik der Verarbeitung von Getreide- oder Nussmehl für Süßspeisen bekannt gewesen sein. Weiterentwickelt wurde sie im Mittelalter insbesondere in den Klöstern der Mittelmeerländer. Ende des 18. Jahrhunderts verbreiteten sich die Macarons in Frankreich, weil Napoleon die Kirche bekämpfte und Klöster auflöste. So mussten sich Nonnen und Mönche teilweise durch den Verkauf von Backwaren ihren Lebensunterhalt verdienen. All das ist Geschichte, geblieben ist die Kunst, diese süßen Backwerke herzustellen. Anna Plagens hat sie verfeinert und perfektioniert. Expandieren will sie übrigens nicht. „Das wäre vielleicht eine Herausforderung zu viel“, sagt sie und macht sich wieder auf den Weg in die Backstube.

 

Du Bonheur, Brunnenstraße 39, Mitte, Tel. 56 59 19 55, Mi-Fr 8-19, Sbd + So 9-19 Uhr, www.dubonheur.de

Veröffentlicht unter Feine Kost

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