Topinambur auf auf der Spur – Immer mehr Berliner Köche schätzen die Indianerknolle

Topinambur © FM Rohm

Topinambur © FM Rohm

Was für ein verheißungsvoller Name: Topinambur. Das klingt nach Exotik und Ferne, und wächst doch gleich um die Ecke. Heißen sollen die Erdknollen nach einem nordbrasilianischen Indianerstamm. Denn Mitglieder dieses Volkes weilten im Jahr 1612 in Paris, als franco-kanadische Siedler ihren Verwandten jene Knollen aus Übersee schickten, mit denen sie gerade eine Hungersnot überlebt hatten. Die Topinambá kannten die leicht stärkehaltigen Knollen, weshalb die in Europa bislang nicht vorkommende Frucht nach ihnen benannt worden sein soll.

Verbürgt ist, dass die weiß-rötlich changierenden Rhizome des sonnenblumenähnlichen Korbblütlers ursprünglich in Nord- und Mittelamerika beheimatet waren, und sich ab dem frühen 17. Jahrhundert in Europa ausbreiteten. Lange wurden sie als Nahrungs- und Futtermittel angebaut, bis die Kartoffel ihnen den Rang ablief und sie fast in Vergessenheit gerieten.
Heute wachsen die gelb blühenden Blumen an vielen Orten in Brandenburg. Die im Juli und August gebildeten unterirdischen, länglichen Knollen sind der Kohlehydratspeicher der Pflanze für den Winter. Durch den Zuckeranteil überstehen die Knollen selbst scharfen Frost und können bis März aus dem Boden geerntet werden.
„Wir lagern sie wie Kartoffeln, kühl und ohne Licht“, erklärt Händler Elias Moujahed vom Wilmersdorfer Früchtehaus Beaux Fruits. Um sieben Euro kostet das Kilo bei ihm. Moujahed weiß, dass Topinambur gerade auf dem Land nicht nur Freunde hat. Die zu Wildwuchs neigenden Topinambur verdrängen im Garten oftmals heimische Pflanzen.

Ali Moshiri, Rangu Bu © FM Rohm

Ali Moshiri, Rangu Bu © FM Rohm

Für Ali Moshiri sind sie  ein „tolles Wintergemüse“. Der 50-jährige Kräuterfachmann verkauft in seinem Charlottenburger Geschäft selbst hergestellte Chutneys, für die er als Basis einer würzigen Kräuterpaste aus persischem Estragon, wildem Dill und persischem Bärenklau geraspelte Topinambur verwendet. Bei seinen in Essig eingelegten Gemüsen zählt Topinambur ebenfalls zu seinen Favoriten, „denn im Zusammenspiel mit dem Essig entwickeln sie eine faszinierende Frische“.
Die schätzt Moshiri auch in seinem Frühlingssalat aus Bohnen, Römersalat und Tomaten, in den er kurz gekochte Knollen schneidet. Die sorgen nicht nur für Biss, sondern auch für leichte Süße.
 

Topinamburbier zum Fisch
Steve Großmann, Brecht's © FM Rohm

Steve Großmann, Brecht's © FM Rohm

Steve Großmann, Küchenchef des österreichisch inspirierten Restaurants Brechts am Schiffbauerdamm, hat die süßliche Knollenfrucht noch bis Ende April auf der Karte. Neben klassischen Varianten als Suppe schickt er zum auf der Haut gebratenen Loup de Mer und frittierter Auster ein raffiniertes Dreierlei von Topinambur.
Dafür setzt der 30-jährige Koch einen Salat mit Schmand-Estragon-Essig-Dressing in Szene, des sich durch Knackigkeit und leichte Säure von seiner großen Schwester Kartoffelsalat absetzt. Als zweites werden Scheiben von Topinambur frittiert und sorgen so für Knusprig-Splittriges im Mund. Richtig aufwändig ist Großmanns Topinambur-Salzkaramell. Bis das feine Püree auf der Zunge zergeht, müssen die Knollen in Sahne gekocht und mit dem Mixer fein püriert werden. Das Finish erreicht der Küchenchef durch das Montieren von Nussbutter mit dem Püree im Verhältnis eins zu eins. Geschmacklich ein fulminantes Erlebnis, aber nichts für Menschen, die abnehmen wollen. Damit nicht genug, beweist sich Großmann als Experimentator, wenn er statt Weißwein ein mit Sirup aus gerösteten Topinamburschalen aromatisiertes Bier zum Fischgang kredenzt. Das Gericht mit Bier steht für 24 Euro auf der Karte.
Sternekoch Sebastian Frank vom Kreuzberger Restaurant Horváth setzt Topinambur überwiegend im Dessertbereich ein. In seinem höchst elaboriert hergestellten Müsli knacken Topinambur-Cracker im Einklang mit Heidelbeeren und Petersilie. Zuerst erhitzt Frank, geschälte Topinambur im Sous-vide-Verfahren im Vakuumbeutel mit Läuterzucker und Blattpetersilie. Anschließend püriert er die Masse, streicht sie einen Millimeter dünn auf Backpapier, trocknet und entfettet sie. Dann wird sie zu Topinambur-Cornflakes für das Sterne-Dessert zerbröselt.

Beaux Fruits, Nassauische Straße 16, Wilmersdorf, Mo-Fr 7-19.30, Sbd 7-16 Uhr, Tel. 0152-53 63 35 21, www.beaux-fruits.de

Brechts, Schiffbauerdamm 6/7, Mitte, tägl. 11.30 – 1 Uhr, Tel. 28 59 85 85, www.brechts.de

Horváth, Paul-Lincke-Ufer 44a, Kreuzberg, Di-So 18-1 Uhr, Tel. 61 28 99 92,  www.restaurant-horvath.de

Rangu Bu, Seelingstraße 34-36, Charlottenburg, Di.-Sbd. 10-18 Uhr, Tel. 322 66 36, www.exotischer-kraeutergarten.com

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