Morchel – Die extravagante Adelige

Morcheln © FM Rohm

Morcheln © FM Rohm

Sie ist eine Art hässliches Entlein unter den Edelspeisepilzen. „Weil sie so unansehnlich ist mit ihrer grubigen, faltigen Oberfläche“, sagt Arthur Schneller vom österreichischen Restaurant Ottenthal. „Geschmacklich aber ist die Morchel höchst interessant“. Wie seine feinschmeckenden Gäste schätzt er besonders die erdigen, mineralischen bis grünen Noten der Morchel, deren Saison jetzt begonnen hat. Bis Mitte, Ende Mai, hat er zwei bis drei Gerichte davon auf der Karte. Am außergewöhnlichsten sind seine Mohnzelten. Die kennt der 56-jährige kochende Inhaber aus seinem niederösterreichischen Heimatort Ottenthal.

„Berliner erinnert das an einen flachgedrückten Pfannkuchen“, sagt Schneller. Dabei ist es etwas völlig anderes. „Kartoffelteig“, erklärt der Koch, mit einer extravaganten Füllung: in Butter geschmorte Morcheln mit feingeschnittenen Schalotten, gemahlenem Mohn, Thymian, Petersilie, einer Spur Knoblauch und etwas Zitronenschale. Die im Ofen gebackenen Mohnzelten kommen in Begleitung eines knackigen Frühlingssalats als vegetarisches Gericht für 18 Euro zu Tisch.
„Nicht gerade dankbar“ sei sie in der Verarbeitung. Das liege auch daran, dass der drei bis fünf Zentimeter große Hohlpilz dazu neigt, in seinem Inneren Sand und Erde zu verstecken. Deshalb müssen Morcheln mit einem Küchenpinsel gut geputzt und anschließend noch gewaschen werden. „Da ist Top-Ware Pflicht.“

Morchel-Hollandaise

Seine Pilze bezieht Schneller von Großhändlerin Leyla Reineke aus Wedding, die deutschlandweit Spitzenköche wie Kolja Kleeberg vom Restaurant VAU oder Drei-Sterne-Koch Joachim Wissler vom nordrhein-westfälischen Restaurant Vendôme mit Edelpilzen versorgt. „Die besten Morcheln kommen aus der Türkei“, erklärt die Expertin. Dort wachsen sie auf Kalkböden in den mittleren Höhen des südlichen und östlichen Taurusgebirges. Trocken und fest müssten sie sein, „und gut riechen.“ Um größtmögliche Frische zu garantieren, gelangen die Pilze per Flugfracht nach Berlin.

Arthur Schneller, Ottenthal, © FM Rohm

Arthur Schneller, Ottenthal, © FM Rohm

Endverbraucher bekommen Morcheln zurzeit im Frischeparadies Lindenberg in Charlottenburg, ebenfalls von Leyla Reineke beliefert. Betriebsleiter Thomas Warmer rät Kunden zur Vorbestellung. „Bei Preisen von rund 70 Euro das Kilo sollte die Ware so frisch wie möglich sein“, sagt Warmer. Im hauseigenen Bistro hat er kommende Woche ein Cassoulet von Spargel und Morcheln mit gebratener Jakobsmuschel und Bärlauchpesto auf der Karte, zum Preis von 12,50 Euro.
Zu Spargel serviert auch Arthur Schneller Morcheln. Aber auch zu Zander oder Rinderfilet. Dafür bereitet er seine spezielle Morchelcrème zu. Zuerst schwitzt er reichlich Schalotten, Knoblauch, Salz, Pfeffer, Muskat und Rohrzucker in Butter an. Die Masse wird mit Sahne aufgegossen, reduziert, püriert und dann mit ganzen Morcheln serviert.

Ähnlich verfährt Sonja Frühsammer. Für Berlins beste Köchin zählen Morcheln zu den „feinsten Edelpilzen – leider auch nach den Trüffeln zu den teuersten“. Erfreulicherweise für die mit 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Köchin gibt es bei den Schlauchpilzen „so gut wie keinen Abfall“. Abschnitte verwendet die 44-Jährige unter anderem für eine kräftige Hollandaise. Dafür schwitzt sie Morchelabschnitte und Schalotten mit etwas Knoblauch an, löscht sie mit Cognac ab, gibt Kalbsfond hinzu und reduziert das Ganze. „Mit Eigelb und Butter aufgeschlagen ist diese Sauce eine perfekte Begleitung von Spargel, Steinbutt oder Hirschfilet“, sagt Sonja Frühsammer. Aber nicht nur dafür, sondern auch für Bärlauchtortellini, pochierte Gatower Kugeln und ganze Morcheln. Zum Portionieren und besseren Verarbeiten füllt sie die Morchel-Hollandaise in einen Siphon und tupft damit aromastarke, walnussgroße Häubchen auf den Teller. Dieser Zwischengang gehört die nächsten zwei Wochen zum Viergang-Menü des Restaurants im Vereinshaus des Tennisclub Grunewald. 74 Euro kostet das komplette Menü. „Mit den Morcheln starten wir in den Frühling“, erklärt Sonja Frühsammer.

Frischeparadies, Morsestraße 2, Charlottenburg, Mo-Fr 8-20, Sbd 8-18 Uhr, Tel. 39 08 15-62, Filiale in Lichtenberg, www.frischeparadies.de

Frühsammers, Flinsberger Platz 8, Grunewald, Di-Sbd ab 19, Do + Fr 12-14.30 Uhr, Tel. 89 73 86 28, , www.fruehsammers-restaurant.de

Ottenthal, Kantstraße 153, Charlottenburg, tägl. 17-1 Uhr, Tel. 313 31 62, www.ottenthal.com

Reineke-Pilzgroßhandel, nur für Gastronomie, Tel. 452 24 50, www.reineke-pilzgrosshandel.de

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