London: Vintage-Dessous, Delikatessen und Kultur satt

Zu Besuch bei Freunden, die in der Millionenmetropole leben, lernt man die Stadt an der Themse sehr individuell kennen

St. Pauls Cathedral, London, 2015 © FM Rohm

St. Pauls Cathedral, London, 2015 © FM Rohm

„Wir haben jetzt ein Gästebett, kommt endlich“, mailte Sabrina, die seit drei Jahren mit Neil in London zusammenlebt. Unsere Kinder sind inzwischen groß genug für ein Wochenende allein. Also buchten wir den Billigflieger.
Sabrina und Neil schickten uns zwei Oystercards. Mit denen kosten Tickets für Underground und Bus weniger als die Hälfte. Samstag früh kamen wir in Heathrow an, die Sonne schien, die Luft war klar und eisig. Die Freunde wohnen in Hammersmith, elf Stationen von Heathrow, sieben vom Stadtzentrum entfernt. Bevor die Bevölkerungszahl explodierte, war Hammersmith ein ruhiger Vorort mit zweistöckigen Backsteinhäusern. Brauereien und Kleingewerbe bestimmten das Stadtbild, am Wochenende gingen die Londoner an der Themse spazieren und frequentierten die zahlreichen Pubs.
East London, 2015 © FM Rohm

East London, 2015 © FM Rohm

Heute fräst sich die vierspurige A 4, die weiter westlich zur Autobahn M 4 wird, durch die Häuserreihen. Um die U-Bahnstation wurde ein riesiges Einkaufszentrum gebaut. Nicht weit entfernt wölbt sich die Art-Deco-Fassade des legendären Hammersmith Apollo-Theaters in den frühen Morgen. Es hat unglaubliche 5000 Stehplätze und rund 3500 Sitzplätze. David Bowie hatte hier 1973 seinen letzten Auftritt als Ziggy Stardust, Superbands von AC/DC bis Bruce Springsteen sind aufgetreten, heute stehen Stars wie Selena Gomez auf der Bühne.

Die Wohnung von Sabrina und Neil ist gemütlich, die Miete ist unglaublich. 1600 Pfund für 72 Quadratmeter. Ein kurzer Überschlag lässt uns den Atem stocken: Mehr als 30 Euro pro Quadratmeter! Über Geld werden wir die nächsten Tage noch häufiger reden. Weil Londoner viel über Geld reden. So kostet die Monatskarte rund 130 Pfund. Fast dreimal so viel wie in Berlin, allerdings bekommt man dafür in Berlin das gesamte Netz, in London nur Zone 1 und 2.

Borough Market, London, 2015 © FM Rohm

Borough Market, London, 2015 © FM Rohm

Da wir Hunger haben geht es gleich mit der Underground in die Innenstadt. Auf dem Weg zum Borough Market, dem größten Fressmarkt der Stadt in Southwark, steigen wir in der Station Embankment um. Ohne die Ortskenntnisse der Freunde würden wir wie hunderte Touristen mit starren Blick aufs Smartphone versuchen, die richtige Rolltreppe zu erwischen. Die meisten haben dasselbe Ziel wie wir, die Schlemmerstände unter der grünen, stählernen Dachkonstruktion. 1014 wurde der Borough Market erstmals erwähnt, letztes Jahr feierten die Händler das große Jubiläum.
Zweieinhalb Stunden baden wir in appetitanregenden Gerüchen aus aller Welt und probieren uns durch. Smoothies in allen Farben, krachsüße arabische Backwaren, heißer Gewürz-Cider, englische Wurstwaren, spanischer Schinken, jamaikanische Gerichte, lactosefreie Pilzsuppe, iranische Küche, koschere Speisen und und und.
London, 2015© FM Rohm

London, 2015© FM Rohm

Nach diesen weltlichen Genüssen geht es nebenan in die gotische Southwark Cathedral. Wir genießen die Ruhe, bewundern kunstvolle Glasfenster aus dem 13. Jahrhundert, die Grabplatte des Bruders von William Shakespeare und erfahren von Sabrinas Freund Jon, der im Kirchenshop arbeitet, dass die meistverkauften Souvenirs der Kirche Postkarten und Figuren von Doorkin Magnificat sind, der poussierlichen Kirchenkatze.
Vom Kirchhof hat man einen guten Blick auf Londons Wolkenkratzerattraktion „The Shard“. Der Wolkenkratzer in Form einer Scherbe stammt von Stararchitekt Renzo Piano. Zwischen alten Backsteinbrandwänden und modernen Glas-Stahl-Beton-Bürobauten erreichen wir am Themseufer die Replik der Golden Hinde, das Piratenschiff von Sir Francis Drakes. Linkerhand führt der Weg am Nachbau von Sheakespeare’s Globe Theatre vorbei zur verbreiterten Uferpromenade. „Eigentlich müsste es London upon Sea heißen“, sagt Sabrina, denn der Fluss hat einen Tidenhub von beachtlichen sieben Metern. Wir stöbern in den Galerien und Kunsthandwerk-Läden des OXO-Towers und kommen zur Tate Modern. Nach zwei Stunden haben wir uns sattgesehen, sind begeistert von der modernen Abteilung, die unter dem Namen „Poetry and Dreams“ kenntnisreich zusammengestellt ist und trinken einen Cappuccino in der Cafeteria im fünften Stock mit fantastischem Blick auf die Skyline. Neil erklärt uns, dass sich der rechterhand liegende Finanzdistrikt ziemlich genau auf der Fläche der römischen Siedlung befindet.
Vintage-Dessous, Brick-Lane, London, 2015 © FM Rohm

Vintage-Dessous, Brick-Lane, London, 2015 © FM Rohm

Zum ausgezeichneten, preiswerten Abendessen in einem persischen Lokal fahren wir zurück nach Hammersmith. Von dort unternehmen wir von der U-Bahnstation eine nächtliche Sightseeing-Fahrt mit dem 9er Bus ins Zentrum bis zum Trafalgar Square. Trotz eisiger Temperaturen feiern junge Leute auf dem Platz eine Party. Zurück in Hammersmith trinken wir im Pub süffiges London Ale und lassen den Abend gemütlich ausklingen.
Am nächsten Morgen geht es nach Full Englisch Breakfast auf Shopping Tour. Auch sonntags kann in London geshoppt werden. Zuerst laufen wir nach Chiswick, dem an Hammersmith angrenzenden Viertel. Entlang der High Road und in den Seitenstraßen locken viele kleine Second-Hand-Geschäfte zum Bummeln und Stöbern. Das Kontrastprogramm findet zwei Stunden später rund um die Brick Lane im Eastend an der Unterground-Station Aldgate statt. Tausende junge Shopper drängeln sich auf den Straßen, viele alte Fabrikhallen wurden zu Flohmärkten mit Imbissständen umfunktioniert. In den Schaufenstern der Geschäfte leuchtet schrille Mode, von Vintage Dessous über ausgefallene Schuhe bis zu neuesten Schnitten. Während die Damen noch Energien haben, schlürfen wir Männer ausgezeichneten Espresso und beobachten das Treiben vom Café aus.

Abends um sechs machen wir uns auf den Heimweg. Im urig eingerichteten Pub „The Dove“ genießen wir den Sonntagsbraten Sunday-Roast, Roastbeef mit hausgemachten Chips, dicker Bratensoße und Gemüse. Über dem Tisch hängt die Originalversion der Melodie der Hymne „Rule Britania“. Die hat hier um 1750 Komponist und Pubgänger Thomas Arne geschrieben. Der Abend wird kurz. Nach den vielen Kilometern zu Fuß und Power-Shopping sind alle erschöpft. Außerdem müssen Sabrina und Neil am nächsten Morgen früh zur Arbeit  – und wir zum Flieger.

Weitere Informationen:

Anreise: Mit dem Flugzeug nach Heathrow, Gatwick, Stansted, Louton oder Southend.

Borogh Market: www. boroughmarktet.org.uk

Brick Lane: www.visitbricklane.org

Tate Modern: Banksite, Tel. 0044/2078878888, So-Do 10-18, Fr + Sa 10-22 Uhr, Eintritt frei, Sonderausstellungen extra.

Shoppen in Chiswick: http://www.londontown.com/NearByShopping/Shopping/Directory/Areas/Chiswick/Shopping-near-Chiswick/

Essen und Trinken in Hammersmith

Persisches Restaurant Mahdi, 215-217 King Street, Tel. 0044/2085637007, täglich 11.30-23.30 Uhr, www.mahdirestaurant.co

Pub The Dove, 19 Upper Mull, Tel. 0044/2087489474, Mo-Sa 11-23, So 12-22.30 Uhr, www.dovehammersmith.co.uk

Pub The Swan, 46 Hammersmith Broadway, Tel. 0044/2087481043, Mo-Do 12-23, Sa 12-24, So 12-22.30 Uhr, www.nicholsonspubs.co.uk

Frühstück Upsy Daisy Bakery, 387 King Street , Tel. 0044/20/00113387, Mo-Fr 8-18, Sa 9-18, So 9-17 Uhr, www.upsydaisybakery.com

Veröffentlicht unter Fernweh

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