New Orleans: Die Wiedergeburt von Big Easy

Live Jazz, New Orleans © FM Rohm

Live Jazz, New Orleans © FM Rohm

Zehn Jahre nach Hurricane Katrina feiert New Orleans ein Comeback im Tiefen Süden der USA. Die Stadt am Mississippi fasziniert ihre Gäste wieder mit exzellenter Küche, heißem Jazz und quirliger Partyatmosphäre.

Inmitten des schrillen Trubels auf der Bourbon Street, der berühmtesten Meile von Big Easy, wie die Einheimischen ihre Stadt liebevoll nennen, stehen die Menschen und staunen. Bläulich-weiße LEDs beleuchten fette, blankpolierte Harley Dividson Motorräder wie einen Altar. Wie einst Peter Fonda und Dennis Hopper, die Archetypen des rebellischen Amerika aus „Easy Rider“, starren die Biker cool über ihre Lenker und schreien aus stählernen Auspuffrohren das verruchte Motto des Amüsierviertels French Quarter in die Nacht: Anything goes. Drei angeheiterte Ladies bekunden lautstark ihre Begeisterung. Kurz darauf legt eine von ihnen mit einem der Biker ein laszives Tänzchen auf den Asphalt. Freitagnacht ist die Bourbon Street eine Art Endstation Sehnsucht dionysisch veranlagter Touristen aus Amerika und dem Rest der Welt.

Kleines Tänzchen auf der Bourbon Street, New Orleans © FM Rohm

Kleines Tänzchen auf der Bourbon Street, New Orleans © FM Rohm

Drink um Drink geraten die Besucher inmitten einer in Amerika einmalig hohen Dichte ausgezeichneter Restaurants, Cafés, Klubs, Musikschuppen und Bars in jenen Zustand benebelter Euphorie, für den die Stadt am Mississippi so berühmt ist. Pausenlos wird, ein Novum in den USA, auf der Straße Alkohol getrunken. Beliebtester Cocktail ist eine süße Mischung aus Rum und Fruchtsirup, der „Hurricane“. „Der hieß aber schon vor Hurricane Kartina so“, erklärt Chuck Perkins, der in einem der am stärksten von den Fluten verwüsteten Vierteln, dem Schwarzenviertel Lower Ninth Ward, das Musik-Café „Istanbul“ betreibt.
Zehn Jahre nach dem verheereden Sturm, der mehr als 1.600 Menschenleben forderte, präsentiert sich die Stadt lebendiger denn je. „Mehr als 15 Milliarden Dollar wurden allein in das Flutschutzsystem mit Deichen, Dämmen, Wehren und Pumpen investiert“, weiß Chuck, „und rund 80 Milliarden in die Infrastruktur.“
Das große Glück von New Orleans war, dass das French Quarter kaum überflutet worden war. „Die Gründer der Stadt wussten, was sie taten“ sagt Chuck. Das alte Viertel, le Vieux Carré, das heute zwischen sieben Quer- und dreizehn Längsstraßen das French Quarter bildet, wurde Anfang des 18. Jahrhunderts auf den höher gelegenen Uferstellen des Mississippi erbaut, dort wo Choctaw-Indianer ihren Markt hielten. Deshalb blieb es von den Überschwemmungen von Katrina verschont, genauso wie das Nobelviertel Garden District mit seinen malerischen Südstaaten-Villen. Der unter der Wasserlinie zwischen Fluss und dem See Lake Pontchartrain gelegene Rest der Stadt stand mehrere Wochen bis zu dreieinhalb Metern unter Wasser.
 

Fats Dominos zerstörtes Piano
Wiederaufgebautes Viertel Low 9th Ward, New Orleans © FM Rohm

Wiederaufgebautes Viertel Low 9th Ward, New Orleans © FM Rohm

Zehntausende freiwillige Helfer und ebensoviele Bauarbeiter haben die Stadt wieder aufgebaut. Im vergangenen Jahr wurden die Touristenzahlen des Jahres vor Katrina wieder erreicht, rund zehn Millionen Gäste besuchten die Stadt. Und die wollen vor allem eines: Nacht für Nacht ausgelassen feiern.

Manche auch schon am Vormittag. Im berühmten Restaurant „Court of Two Sisters“ serviert Kellner Lee schon um halb elf die ersten hochprozentige Cocktails, während sich die Gäste vom reichhaltigen Brunchbüffet mit Meeresfrüchten und mächtigen Spezialitäten wie Jambalaya oder Alligatorengulasch bedienen. Zum Abschluss flambiert Lee die, wie er stolz sagt, „besten Banana-Foster des Universums“. Die Kalorien und Fette des Brunchs sind für manche Grundlage für die nächsten Drinks.

Ein Verdauungsspaziergang führt durch die Sträßchen im Kolonialstil des späten 18. Jahrhunderts zum Voodoo-Musuem, zu einer der hochkarätigen Galerien oder in einen billigen Souvenirshop. Am zentralen Jackson Square im French Quarter spielen Dutzende der rund zehntausend Musiker von New Orleans Jazztraditionals wie „What a wonderful world“ und hoffen auf ein Trinkgeld. An dem pittoresken Platz mit der dreischiffigen St. Louis Cathedral lohnt ein Abstecher in das Katrina-Museum direkt nebenan. Hunderttausende haben das zerstörte Piano von Fats Domino betrachtet, das die Fluten von Katrina in seinem Haus im Lower Ninth Ward zu einem Haufen Holz, Tasten und Saiten zusammenschoben.
 

Neues Leben in alten Vierteln
Stadtrundfahrt per Kutsche, New Orleans © FM Rohm

Stadtrundfahrt per Kutsche, New Orleans © FM Rohm

Rund um den Jackson Square finden sich viele Boutiquen, Galerien und Cafés. Wer die trendigen und preiswerteren Geschäfte sucht, geht weiter Richtung Osten zur Esplanade Street in die neuen Szenevierteln Faubourg Marigny und Bywater. Hier hat sich eine Alternativkultur mit preiswerten Bistros, Clubs, Hinterhofmärkten und Vintage-Mode etabliert. „Viele der College-Kids die zum Helfen gekommen sind, blieben hier“, erzählt Chuck Perkins. Sie haben vegetarische Restaurants eröffnet, verleihen Fahrräder oder verkaufen Mode von Labels aus New Orleans. Zurück im French Quarter geht es auf die Promenade des Ol’ man river, wo dreimalstäglich der restaurierte Schaufelraddampfer „Natchez“ das Wasser des Mississippi aufwühlt. Vor Sonnenuntergang lohnt sich noch eine kleine Shoppingtour im ersten innerstädtischen Outlet-Center im Süden der USA, dem Riverwalk Center. Geschichts- und Kulturinteressierte besuchen zwanzig Fußminuten entfernt das nationale Weltkrieg II-Museum, das Contempory Arts Center oder das Südstaaten-Kunst-Museum.

Nach einer kleinen Siesta beginnt das Abendprogramm. Traditionell geht man dann in New Orleans feiner aus. Zum Beispiel zu „GW Finns“, „Broussard’s“ oder „Arnauds“, die alle sehr gute Küche in gehobenem Ambiente bieten. Nach dem Essen folgt ein erneuter Bummel über die Bourbon Street. Aus dem „Krazy Korner“ dröhnt lauter Rock, im „Old Absinth-House“ trinken sich Mittelklasse-Paare warm und vor den Striptease-Bars winken minmal bekleidete junge Damen potenzielle Kundschaft herein. Wem das zu vulgär und laut ist, der schlendert weiter über die Esplanade Street.

Sousaphone-Spieler New Orleans © FM Rohm

Sousaphone-Spieler New Orleans © FM Rohm

„Das ist das neue New Orleans“ brüllt mir Chuck Perkins ins Ohr. Wir stehen im „Spotted Cat“, einem Musiklokal in der Frenchmen Street, zwischen French Quarter und dem neuen Amüsierviertel Faubourg Marigny. Auf der kleinen Bühne drängelt sich ein knappes Dutzend Musiker und bläst, trommelt und singt dem Publikum feinste Blechbläser-Musik um die Ohren. Morgens um halb drei zitiert Chuck trunken mitten auf der Straße aus seinem Gedicht über seine Heimatstadt, „gelegen in einem halbtropischen Tal, umgeben von flüssigen Bergen“. Aufdringlich steigen die Düfte des „Quarter“ in die Nase, eine Mischung aus schweren Parfums, Alkohol, Essen, Abgasen und allzu Menschlichem.

„Nach Katrina gab es viele Menschen im Land, die meinten, New Orleans sei es nicht wert, wieder aufgebaut zu werden. Wir, die Menschen von New Orleans und viele Helfer, haben dafür gekämpft. Big Easy ist wieder da, besser als je zuvor“, sagt Chuck Perkins und zieht weiter in die warme Nacht.

 

Allgemeine Informationen

Beste Reisezeit ist zwischen September und Mai. Im Sommer wird es mit Durchschnittstemperaturen von über 35 Grad und sehr hoher Luftfeuchtigkeit für Mitteleuropäer sehr ungemütlichlich. Im Winter können die Temperturen durchaus bis fünf Grad fallen.

Informationen: Fremdenverkehrsamt New Orleans & Louisiana, Wiechmann Tourism Service, Auskünfte 069-255 38 270, www.neworleans.de

Unterkunft

Burgundy B & B, 2513 Burgundy Street, sauberes Bed & Breakfast,Tel. 001/504 523372, drei Blocks vom French Quarter, ab 105 US$ je Doppelzimmer, www.theburdundy.com

Maison de Ville, 727 Toulouse Street, ab 150 US $, Tel. 001/504 3244888, www.maisondeville.com

Monteleone, Doppelzimmer ab 200 US $, 214 Royal Street, Tel. 001/504/5233341,

mondäner 4-Sterne-Klassiker im French Quarter, zum Aperitif trifft man sich an der Circle-Bar, www.hotelmonteleone.com

Touren

Sehr gute Führungen zu den Themen French Quarter, Voodoo, Jazz und auf die berühmten Friedhöfe bietet Historic New Orleans Walking Tours, Tel. 001/504 9472120, www.TourNewOrleans.com

Zu den Klassikern der Tagestouren gehören Raddampferfahrten auf dem Mississippi, Buchung über New Orleans Steamboat Co, 2 Canal Street.

Halb- oder Ganztagesfahrten zu den Alligatoren in die Sümpfe haben viele Agenturen vor Ort im Angebot, z. B. Jean Lafitte Tour, Tel. 001/504 5920560.

Voodoo

Voodoo Authentica, 201 North St. Peters Street, Tel. 001/504 5222111, www.voodooshop.com

Voodoo Museum, 724 Dumaine Street, Tel. 001 504 680 0128, Eintritt 7 $, www.voodoomuseum.com

Musik

Preservation Hall, absoluter Dixiland- und Jazz-Klassiker mit eigener Band. Hier muss man unbedingt reservieren! 726 St.Peters, Tel. 001/504 5222841, www.preservation-hall.com

Krazy Korner, das Muss für Rockfans direkt an der Bourbon Street, 640 Bourbon Street, Tel. 001/504 5869843, www.krazykorner.com

Snug Harbor, feiner New Orleans-Stile Jazz, 626 Frenchmen Street, Tel. 001/504 9490696, www.sugjazz.com

House of the Blues, Blues, Funk und Soul, 225 Decatur Street. Tel 001/504 3104999.

Spotted Cat, 623 Frenchmen Street, Brass, traditioneller und moderner Jazz, www.spottedcatmusicclub.com

Istanbul,2372 St. Claude Ave., Tel. 001/504 9750286, Musik und Theater, www.cafeistanbulnola.com

Essen

Café du Monde, 812 Decator Street, 24 Stunden, 7 Tage die Woche offen, Tel. 001/504 5870833

Court of the Two Sisters, 613 Rue Royale, Tel. 001/504 523 9656, Jazz Frühstücks-Brunch mit achtzig verschiedenen Speisen, inkl Kaffee und Tee soviel man möchte, 26 $

Mother’s, 401 Poydras Street, tägl. ab 9 Uhr. Tel. 001 504 581 5804, Po-Boys und traditionelle Küche, www.mothersrestaurant.net

„Gumbo Shop“, 630 St. Peters Street, Tel. 001/504 5251486

Arnaud’s, 813 Bienvielle Street, Tel. 001 504/ 523 0611.

GW Fins, 808 Bienville Street, Tel. 001/504 581 3467, www.gwfins.com

Restaurant Peche, New Orleans © FM Rohm

Restaurant Peche, New Orleans © FM Rohm

Peche, 800 Magazine Street, Tel.: 001/504 522 1744, Mo-Sa 11-23 Uhr, eines der besten, und preiswerten Seafood-Restaurants in der Stadt, www.pecherestaurant.com

K Paul’s Louisiana Kitchen, Lokal von Paul Prouhomme, dem berühmtesten Koch der Stadt, nichts für Weight-Watcher, legendär ist das Gericht Ente mit Garnelen, 416 Chartres St, Tel. 001/504 596 2530, www.chefpaul.com

Drinks

Mehr als tausend Bars warten auf Sie im French Quarter. Den richtigen Pegel zu finden gehört zu den Hauptbeschäftigungen im „Quarter“. An der Bourbon Street gibt es viele Touristenfallen.

Klassiker für gepflegte Cocktails, probieren Sie hier den Hurricane, ist die Napoleon House Bar, 500 Chartes St., ab Mittag, Di geschlossen, Tel. 001/504 525 2431, www.napoleonhouse.com

Infokasten Hurricane Katrina

Am 29. August 2005 traf Hurricane Katrina zwanzig Meilen östlich von New Orleans auf Land. Zwei Tage vorher hatte der Bürgermeister der Stadt die Evakuierung der Stadt befohlen. Mehr als 100 000 Menschen von rund 480 000 Einwohnern blieben in der Stadt. Am frühen Montagmorgen drückten Windgeschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometer eine zehn Meter hohe Flutwelle über den Golf von Mexiko in den Inlandsee Lake Pontchartrain und von dort in die Kanäle der Stadt. Rund 50 der vom Army Corps of Engineers schlecht gebauten Dämme und Deiche brachen, dabei überfluteten achtzig Prozent der Stadt. In New Orleans kamen mehr als 1.600 Menschen ums Leben, die Hälfte der Häuser war unbewohnbar. Die Schäden werden heute mit rund 130 Milliarden Euro beziffert. 2014 zählte New Orleans wieder mehr als 350 000 Einwohner. 

Veröffentlicht unter Fernweh

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