Lecker junge Hühner – Stubenküken

Stubenküken mit Malfatti und Birnenkraut, Filetstück ©FM Rohm

Stubenküken mit Malfatti und Birnenkraut, Filetstück ©FM Rohm

„Das ist schon ein Exot in unserem Angebot“ sagt Johannes Moritz, Chefkoch des Restaurants Filetstück an der Schönhauser Allee. Seit fünf Jahren gilt dieses neo-rustikal eingerichtete Steakhaus als Pilgerstätte für feinschmeckende Karnivoren. Im Glaskühler reifen an großen Haken Hohe Rippe und Entrecôte vom Schleswig-Holsteiner-Rind, in der Verkaufsvitrine schimmert dunkelrotes irisches Rinderfilet.
Doch heute geht es um Stubenküken, kleine Hühner, bis etwa sechshundert Gramm schwer. Zuerst zerlegt Moritz das Geflügel, löst die beiden Brusthälften mit der Haut aus und legt sie zur Seite. Karkasse und Keulen schmort er rund eine Stunde bei 200 Grad im Ofen in einem Sud aus hellem Wurzelgemüse, Weißwein und Wermut. Letzterer sorge bei dem Jus „für Tiefe“, erklärt der 32-jährige Koch.
Sascha Ludwig und Johannes Moritz, Restaurant Filetstück © FM Rohm

Sascha Ludwig und Johannes Moritz, Restaurant Filetstück © FM Rohm

Anschließend lässt Moritz das Fleisch abkühlen, zupft es vom Knochen, passiert den Fond durch ein Sieb, gibt groben Senf zu und reduziert die Flüssigkeit, bis der walnusshelle Jus die richtige Sämigkeit besitzt. Nun werden die beiden Brusthälften gegeneinander versetzt mit Butter, Salz und Pfeffer in Alufolie bei 80 Grad etwa dreißig Minuten gegart. „Und dann noch einmal scharf auf der Haut in der Pfanne gebräunt“, sagt Sascha Ludwig, erster Chefkoch und Mitinhaber des Restaurants. Auf dem Teller vereint er die saftigen, rosagelblichen Bruststücke mit dem gezupftem Keulenfleisch, knackigem Spitzkohlkraut, Schnitzen von der Williamsbirne und Ricotta-Malfatti zu einem delikaten Gericht. Für 19 Euro steht es auf der Karte.

„Der Name Stubenküken kommt aus einer Zeit, als die Bauern einen Teil ihrer Hühner, besonders zur kalten Jahreszeit, in der Wohnung großzogen. Die nach sechs bis acht Wochen geschlachteten Junghühner nannte man deshalb Stubenküken“, berichtet André Oelrich.
Der 54 Jährige ist Geschäftsführer der Geflügeloase, die in der Moabiter Arminiushalle und der Kreuzberger Marheinekehalle Stände betreibt. 2,95 Euro kosten Stubenküken derzeit bei ihm, seine Ware bezieht er überwiegend aus Spanien.
 

Französische Barockküche

Die jungen Hühner sind für Oelrich „ein Nischenartikel, den eher Ältere kaufen“. Jüngere Kunden bevorzugen seiner Erfahrung nach Ente, Pute und Huhn. Das liege zum einen daran, dass viele nicht wissen, wie man Stubenküken zubereitet. „Es liegt aber auch am Preis“, meint Oelrich.

Hannes Behrmann, Restaurant Renger-Patzsch, Galantine © FM Rohm

Hannes Behrmann, Restaurant Renger-Patzsch, Galantine © FM Rohm

„Ich verkaufe die lieber nicht als Stubenküken“, sagt Hannes Behrmann vom Restaurant Renger-Patzsch. Der zum dritten Mal in Folge mit dem Bib-Gourmand von Michelin für sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten ausgezeichnete Koch hat unter diesem Namen bei seinen Gästen eine gewisse Zurückhaltung beim Bestellen festgestellt. Und so nennt er seine Suppe dann Pot au Feu vom jungen Hühnchen. Dafür kocht er aus Karkassen und Keulen einen klaren Fond. In dem simmern bei „gelinder Hitze“ Wurzelgemüse, Lauch und Kräutersaitlinge. Die letzten 15 Minuten gibt Behrmann das Brustfleisch dazu und serviert die köstliche Suppe mit einer angemachten Crème Fraîche und Brot für 11,50 Euro.
Aus der französischen Barockküche stammt seine exquisite Vorspeise Galantine. Die stellt der 49-Jährige her, indem er das Stubenküken ausbeint, die Haut aber komplett intakt lässt. Brust- und Keulenfleisch wird über Nacht in Cognac mariniert, der mit Thymian, Rohrzucker, Salz und Pfeffer angereichert ist. Dann bereitet er eine Farce aus Sahne, Morcheln, feingeschnittenen Karotten und Schalotten zu. Mit der und dem marinierten Fleisch füllt er anschließend die Stubenkükenhaut und formt daraus eine Rolle. Die schlägt er in eine Serviette und gart sie bei niedriger Temperatur im Geflügelfond.
Serviert wird die Vorspeise mit zwei aufgeschnittenen Scheiben der Galantine, grünem Spargel, Friséesalat und geschmorten Kirschtomaten. Zum Preis von 10,50 Euro ein in der Berliner Gastronomie selten anzutreffendes Gericht, das sowohl durch das Spiel mit unterschiedlichen Konsistenzen als auch durch die Kombination der Aromen begeistert.

Filetstück, Schönhauser Allee 45, Prenzlauer Berg, Mo-Sbd 10-15 und 18-23 Uhr, So 18-23 Uhr, Fleischverkauf durchgehend, Tel. 48 82 03 04. Filiale Uhlandstraße 156, Wilmersdorf, www.filetstueck-berlin.de

Geflügeloase, Marheinekeplatz 2, Kreuzberg, Arminiusstraße 2-4, Moabit, Mo-Fr 8-20, Sbd 8-18,Tel. 0176-16 83 99 77

Renger-Patzsch, Wartburgstraße 54, Schöneberg, tägl. 18-?, Küche bis 23.30 Uhr, Tel. 784 20 59, www.renger-patzsch.com

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