Seit fast zwanzig Jahren verkauft Ivo Knippenberg Käse. Seine Leidenschaft gilt hochwertigen Produkten ausgewählter Hersteller aus ganz Europa
Eine kleine Kuhglocke läutet, wenn man Knippenbergs Käsegeschäft in der Wilmersdorfer Ludwigkirchstraße betritt. Dieses Detail passt ebenso zur Philosophie des 43-jährigen Käsefachmanns wie die kunstvoll geschriebenen Schildchen der verschiedenen Käsesorten, die stilvoll dekorierte Vitrine und die stimmungsvollen, sepiafarbenen Fotos von riesigen Käselaiben, die in einem mittelalterlichen Gewölbe reifen. „Das sind die ehemaligen Eiskeller eines Klosters in Kempten, im Allgäu. Dort reifen verschiedene Käse bis zu vier Jahre unter optimale Bedingungen“, erklärt Ivo Knippenberg.Neben dem intensiven Geruch fällt beim Betreten des Geschäfts als erstes die fröstelnmachende Temperatur auf. Maximal 15 Grad dürfen es sein, sommers wie winters. „Sonst laufen mir die Käse zu schnell weg“, scherzt der gebürtige Wilmersdorfer, der das kleine Ladenlokal vor vier Jahren eröffnete. Neben der niedrigen Temperatur muss im Verkaufsraum noch eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent gewährleistet sein. Dafür sorgen Luftbefeuchter, die in regelmäßigen Abständen kleine Wölkchen von sich geben.
Kräftig und wuchtig
Anfang der Neunzigerjahre erlernte Knippenberg das Käsehandwerk in England und den Niederlanden. 1996 eröffnete er dann mit seiner Frau Katrin das erste Geschäft in Prenzlauer Berg. „Sie ist die kreative Quelle und entwickelt unsere Eigenproduktionen wie den Lavendel-Ziegenkäse. Außerdem schreibt sie mit schöner Handschrift die Info-Schilder der Käsesorten.“ Auf regelmäßigen Käsereisen in ganz Europa suchen Knippenbergs nach Herstellern und Käsesorten, die ihren hohen Ansprüchen genügen. Etwa der würzige Allgäuer Jamei Bergkäse. „Dieser Hartkäse reift mindestens 17 Monate bei etwa 10 Grad und 95 Prozent Luftfeuchtigkeit“, sagt der Händler und schneidet ein Probierstückchen ab. Kräftig aber nicht zu wuchtig, mit zarten kristallinen Strukturen zerbröckelt er beinahe im Mund. Zu jedem Käse und jeder Käserei gibt es eine kleine Geschichte. „Kosten Sie den Trüffel-Pecorino, garantiert ohne Trüffelöl hergestellt, schmeckt toll zu Fisch. Oder den alten Cheddar von der schottischen Insel Isle of Mull. Ein ganz kleiner Betrieb, den der Sohn gerade wieder hochbringt“, weiß Ivo Knippenberg.
Einkauf und Selektion nennt der Händler als wichtigste Aufgaben. „Wir kennen und besuchen regelmäßig unsere Erzeuger. Mit vielen stimmen genau die Reifestufen ab um einen bestimmten Geschmack und die Konsistenz zu erhalten, die wir uns wünschen.“ Die Kunst besteht für ihn darin, den Käse dann für den Verkauf auszuwählen, wenn er in den unterschiedlich temperierten Lagerräumen seinen optimalen Reifegrad und Geschmack erreicht hat. Genau das schätzen Kipperbergs Kunden der gehobene Gastronomie ebenso wie die auf Berliner Wochenmärkten und in Markthallen.Rund achtzig verschiedene Käsesorten liegen in der Vitrine in der Ludwigkirchstraße, teilweise appetitlich angeschnitten, kleinere, besonders Frisch- und Ziegenkäse, eher im Stück, aber auch monströse Laibe wie ein 30 Kilo schwerer Parmigiano oder rostbraun schimmernde Laibe eines seltenen Rohmilchgouda vom Bauernhof aus den Niederlanden.
„Wollen Sie den probieren?“ fragt Fachverkäuferin Beate Müller einen Kunden. Natürlich will er und schon wird gefachsimpelt über nussige und karamellige Noten, säuerliche Aromen und über den Affinage-Rand. Das ist der dunklere, leicht ölige Rand, der bei den Hartkäsen im Laufe der Reife entsteht. Er sollte so dünn wie möglich sein.
Belper Knolle und Trüffel-Pecorino
Der Kunde fragt nach einem Käse zum Wein. „Welchen Wein?“, will Beate Müller wissen, und ob es danach noch Essen gibt. Nur Rotwein und Käse naschen, wünscht der Kunde. Sie rät zu einem gereiften St. Félicien aus Kuh-Rohmilch zu einem fruchtigen Wein. „Den habe ich in Reifestufe 2 und 3, der ist fast schon zum Löffeln.“ Oder vielleicht den Mothais, aus Ziegenmilch. Ebenfalls sehr aromatisch, cremig, mi leichter Schärfe. Seine durch den Schimmelpilz Geotrichum Candidum entstandene Haut wird auch „Krötenhaut“ genannt.Zum Dessert schätzt Ivo Knippenberg Klassiker, zum Beispiel einen Blauschimmel-Stichelton aus Mittelengland zum feinen Portwein. Daneben experimentiert gerne, etwa mit Konfitüren zum mild-säuerlichen Chabichou, einem Ziegenweichkäse aus Westfrankreich.
Als Trends benennt der Käsehändler handwerklich hergestellte Käse von kleinen Affinerien, möglichst in Bio-Qualität. Die Gastronomie interessiere sich für Raritäten wie die knochenharte, pfeffrige „Belper Knolle“ aus dem Berner Oberland, ein lange gereifter Frischkäse, der mit dem Trüffelhobel über Pasta oder Gemüse gehobelt werde, und die Burrata vom Bauernhof aus Apulien, eine Mozzarella-Art aus Kuhmilch. „Zum Reinlegen cremig“ schwärmt Knippenberg.
Knippenbergs, Ludwigkirchstraße 11, Wilmersdorf, Tel. 88 47 26 48, Di-Fr 12-18, Sbd 9-14 Uhr, www.knippenbergs.de