Gesundes vom Feld für die Großstadtküche

Regionale Nahrungsmittel, auch in Bio- und Demeterqualität ,bietet „Anna vom Feld“ am Stuttgarter Platz. Und Selbstgekochtes von der Chefin

Janina Streich von "Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Janina Streich von "Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Mutig ist das Attribut, das zu Janina Streich einfällt. Vor anderthalb Jahren hat die gelernte Hotelbetriebswirtin am Stuttgarter Platz, kurz vor der Wilmersdorfer Straße, ihr regionales Lebensmittelgeschäft „Anna vom Feld“ eröffnet. Der Name nimmt Bezug auf die Großmutter, die ihrer Tochter und ihrer Enkelin nicht nur das Kochen, Backen und Einwecken beigebracht hatte. Sondern sie auch lehrte, wie gut naturbelassene Nahrungsmittel schmecken, egal ob Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch, Käse oder Wurst.
Einige Jahre hat die 36-Jährige in ihrem Beruf gearbeitet, bis sie 2009 „was eigenes“ machen wollte, „und auf jeden Fall etwas mit gesunden Nahrungsmitteln.“ Sie startete mit Caterings, die sie auch heute noch ausrichtet.
Die Entscheidung für den Standort an dem Platz, der viele Jahre nicht den besten Ruf genoss, war eine sentimentale. „Ich bin hier aufgewachsen. Früher war das hier eine düstere Ecke. Als ich klein war, erzählte meine Mutter, von Ihrer Kindheit und verbotenen Wegen über den Stuttgarter Platz.“ Mit dem Aufstieg des Platzes nach der Verlegung des S-Bahnhofs verband sich die Hoffnung, hier mit einem persönlich geführten regionalem Natur- und Feinkostladen wirtschaftlich Erfolg zu haben.

"Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

"Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Schon das Schaufenster läutet eine neue Zeit am Platz ein. Keine Import-Export-Ware mehr, auch kein Wettbüro, kein Imbiss. Stattdessen leuchten rote Äpfel aus der Region, Wurzelgemüse, rote, orange, gelbe und violette Möhren, alte Kartoffelsorten und Rote Bete sehen Passanten hinter der Scheibe. Neben dem Eingang hängt eine kleine Fahne mit der Aufschrift „Wild“. Wild geht es nicht zu im gemütlich eingerichteten Ladengeschäft, stattdessen ruhig und freundlich.
In den Regalen links neben dem Eingang stehen Backwaren eines Demeter-Bäckereibetriebs. In der Vitrine davor liegen mehr als vierzig verschiedene Käsesorten aus mehreren Regionen wie Landkreis Dahme Spree, Uckermark und  Ostprignitz. Einige von Kleinstanbietern, andere von Bioland-zertifizierten Partnern. Die Tiere wachsen artgerecht auf. „So wie das früher mal war“, sagt Janina Streich. „Unverfälschtes Fleisch anzubieten, ist mir einfach eine Herzensangelegenheit.“

"Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

"Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Deshalb ist sie besonders stolz auf ihre Fleisch- und Wurstwaren. „Wild ist Wild“, sagt Janina Streich, „unverfälscht und echt.“ Enten und Gänse sind demeter-Qualität, Heidschnukke ist Bioland-zertifiziert. Bestellungen für die Feiertage werden noch bis 15. Dezember entgegen genommen. Ihr Wild, Reh, Wildschwein und Hirsch bezieht sie von zertifizierten Jägern aus Brandenburg. In der Vitrine liegen Keulen, Rücken und Filet. Auch Salami, Jäger- und Aufschnittwurst, sowie Pasteten vom Wild sind im Angebot und besonders bei älteren Kunden beliebt. Freitags hat sie frische Forellen. Saibling, Hecht, Zander, Weißfisch oder Aal kann vorbestellt werden. „Je nachdem, was die Fischer im Landkreis Dahme-Spree in den Netzen haben.“ Auch hier gilt, keine Zuchtware.
Auffällig viele ausländische Kunden kommen vorbei, Gäste der umliegenden Hostels und Hotels. Sie kaufen gesunde Säfte, oder fair gehandelte Tee- und Kaffeesorten, die auch im Ausschank sind. Die selbstgemachten Marmeladen werden gerne mitgenommen, als gesundes und schmackhaftes Berlin-Mitbringsel. Favoriten sind die Sorten Erdbeere und Brombeere.
Mittags zwischen elf und zwei Uhr wird es voll an den zehn Sitzplätzen im Lokal, einige mit hellen Fellkissen dekoriert. Denn Janina Streich kocht Montag bis Freitag jeden Morgen zwei, drei Qualitätsgerichte zu Mittagstischpreisen. Auf der Schiefertafel steht Karamellisierter Ziegenkäse mit Kräutervinaigrette, Wildbratwurst mit Kartoffelsalat oder Königsberger Klopse, alles um acht Euro. Wenn sie Hirsch, Reh oder Wildschwein zubereitet, sollte man nicht zu spät kommen. Die Grundrezepte stammen von Mutter, Großmutter und von befreundeten Köchen, mit denen sie seit acht Jahren zusammenarbeitet.
Auch Fertiggerichte im Glas stehen in der Kühlung, allesamt selbst gekocht. Neben Karotten-Kokos Suppe gibt es eine Variante von Erbse mit Minze, auch Gulasch vom Wild und Rind, sowie Hühnerfrikassee sind zu haben.
Eingekochtes und Fonds, "Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Eingekochtes und Fonds, "Anna vom Feld", Berlin, 2016 © FM Rohm

Eine Spezialität sind die gehaltvollen, aromatischen Fonds, Jus und Essenzen von Geflügel, Rind und Wild, die teilweise so dick eingekocht sind, dass man sie aus dem Glas löffeln muss und diese gut verlängern kann. Die Preise beginnen bei knapp sieben Euro, „die Qualität ist einmalig und die Fonds sind sehr ergiebig“, versichert Janina Streich.
Mittlerweile hat sie eine Verkaufshilfe angestellt. „Mit dem Einkauf, Einkochen, Verkaufen, Saubermachen und abendlichen Kochkursen kam ich zum Schluss auf über einhundert Stunden Arbeitszeit in der Woche. Das hält man auf Dauer nicht aus.“ Trotzdem sind es noch immer zwischen 60 und 70 Stunden in der Woche. Besonders in der Vor-und Weihnachtszeit ist viel los. Neben Quittenlikör wird zusätzlich noch der  Glühwein angesetzt, mit weihnachtlichen Gewürzen, auf Basis von Bio-Merlot und Bio-Chardonnay. Die Weihnachtsgänse werden teilweise vollständig fertig  gegart mit Beilagen und von Kunden nur noch  abgeholt. „Ein Rezept meiner Mutter“, sagt Janina Streich. Sie ist stolz auf ihre Tochter, und die Großmutter wäre es sicher auch.  

 

Anna vom Feld, Stuttgarter Platz 2, Tel. 32 30 12 45, Mo-Fr 11-18 Uhr, www.anna-vom-feld.de

 

Veröffentlicht unter Feine Kost

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