Wendland: Kartoffelwellness und Rundlingsmuseum

Im Herzen des Wendlandes liegt das Rundlingsdorf Lübeln. Ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren

Rundlings-Museumdorf Lübeln

“Hier wo wir sitzen, lebte früher einmal das Vieh“, erklärt Olaf Stehr. Der schlanke Mittfünfziger blickt zufrieden in einen rustikalen Gastraum. Rund 50 Gäste finden hier Platz. Morgens dient der mit vielen historischen landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten dekorierte Raum für das Frühstück der Gäste des 1. Kartoffelhotels in Deutschland. Vor mehr als dreißig Jahren hatten Stehrs Eltern die Idee dafür. Allerdings nicht ganz freiwillig. Damals betrieben sie einen Pferde- und Ponyhof in der Nähe.Nach einem sehr schlechten Heu-Jahr kamen sie auf die Idee, Bauern der Gegend Ferien für Naturalien anzubieten. Neben Heu, Hafer und Äpfeln standen auch Kartoffeln in der Preisliste. „Deren Preis war allerdings sehr, sehr günstig für die Bauern. Sie kamen mit Anhängern voller Erdäpfel, bis auf dem Hof ein Kartoffelberg lagerte“, berichtet Stehr. Was tun? Seine Mutter kam auf die Idee, ein Hotel mit Kartoffelschwerpunkt aufzumachen. Als in Lübeln ein 4-Ständer-Fachwerkhof von 1800 zum Verkauf stand, griff die Familie zu. 


Heute finden sich nicht nur mehr als drei Dutzend Kartoffelgerichte, von der Kartoffelsuppe mit Mettenden über Ofenkartoffeln, Puffer, Kartoffelnudeln mit Heidschnuckengulasch, Salzkartoffeln-begleitete Gerichte und sogar ein Nachtisch aus Kartoffeln auf der Karte. Auch Im Wellnessbereich spielen Kartoffeln eine maßgebende Rolle. Es gibt Anwendungen von der Kartoffelmaske, entwässernd und talkbindend, bis zur Pellkartoffel-Fango-Packung. „Das sind teilweise ganz alte Rezepte, die schon unsere Urgroßeltern kannten“, weiß Heide Bohzat, die sein 25 Jahren Kartoffelkosmetik anwendet. 

Rundlingsdorf Lübeln, Museumsdokumentar Boni Goldlücke. © Franz Michael Rohm

Direkt neben dem Hotel befindet sich das Rundlingsmuseum Wendland Lübeln. Auf dem rund zwei Hektar großen Gelände können sich Besucher über die Kultur- und Sozialgeschichte dieser vor Jahrhunderten von Slawen und später Wenden bewohnten Landschaft informieren. Eine Besonderheit der Region war die „Grote Dör“, ein Tor im Hauptgebäude der Höfe, durch dass die Ernte direkt eingefahren und verarbeitet wurde. „Auf dem Boden wurde Korn gedroschen, das Heu kam gleich nach oben in den Schober, Vieh und Pferde leben links und rechts unter einem Dach, und die Wohnräume für die Bauern lagen am Ende des Hofgebäudes, alles unter einem Dach“, erzählt Boni Goldlücke, Dokumentar des Museums. Rund eineinhalb Stunden dauert die Führung durch mehr als ein Dutzend Gebäude. Während der Saison zwischen Anfang April und Ende Oktober zeigen ehemalige Schmiede und Stellmacher alte Handwerkskunst. Von dem bis Ende des 20. Jahrhunderts wirtschaftlich bedeutenden Flachsanbau und Leinenproduktion zeugen liebevoll restaurierte Trachten in einem eigenen Haus. Mit der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Einsatz von Maschinen verloren die ehemals reichen Bauern einen wichtigen Teil der Lebensgrundlage. „Bis 1900 wurde hier auch viel Hopfen angebaut. Das Wasser der sumpfigen Gegend war nicht gesund. In den Sudkesseln wurden die Keime abgetötet, deshalb war das hier eine Biergegend“, weiß Dokumentar Goldlücke. Mit der Teilung Deutschlands wurde das Wendland zum Zonenrandgebiet, das nach Meinung von Industrie und vielen Politkern Standort für atomaren Abfall werden sollte. Doch eine ganze Region erhob sich gegen die Pläne.

Rundlingsdorf Lübeln, Bäckerin Hannah Mieth. © Frnaz Michael Rohm

„Wir sind eben ein besonderes Völkchen hier“, konstatiert Olaf Stehr. Eine bekannte Vertreterin dieses Völkchens ist Hanna Mieth. Seit vierzig Jahren backt die 81-Jährige im Steinofen nach Grußmutters und Mutters Rezept ein vorzügliches Vollkornbrot auf fein geschrotetem Weizen. Mittlerweile nur noch zwei- bis dreimal die Woche. Dann kommen Menschen aus den Orten Santemin, Meuchefitz und sogar aus dem sachsen-anhaltinischen Salzwedel und kaufen das köstlich duftenden, saftige Drei-Pfund-Brot. 

Die Recherche wurde unterstützt vom Kartoffelhotel Lübeln

Weitere Informationen

Anreise

Mit der Bahn über Stendal nach Salzwedel, von dort mit dem Bus nach Lüchow, Taxi oder Abholung bis Lübeln

Unterkunft:

Kartoffel-Hotel, 20482 Küsten, Ortsteil Lübeln, Tel. 05841/1360, ab 55 Euro Einzelzimmer mit Frühstück, Angebot 2 Nächte mit Halbpension im Doppelzimmer ab 99,- Euro pro Person, www.kartoffel-hotel.de

Hotel Avoeßel, Lübeln 10, 20482 Küsten, Ortsteil Lübeln, Tel. 05862/3069924, www.avoessel.de

Unterkünfte im ganzen Wendland Tel. Büro Lüchow: 05841 9747 386www.wendland-elbe.de,

Rundlingsmuseum Wendlanddorf Lübeln, 29482 Küsten, OT Lübeln, Tel. 05841/962930, Öffnungszeiten 27. März bis Ende Oktober Di-So 10-17 Uhr, Führungen 05841/962970, www.rundlingsmuseum.de

Trauungen standesamtlich und kirchlich über Kartoffelhotel und Rundlingsmuseum

Brotverkauf Hanna Mieth, Lübeln Nr. 9, 29482 Küsten, OT Lübeln, Tel. 05841/5625, backt 2-3 mal die Woche, am besten einen Tag vorher bestellen

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Franz Michael Rohm

Franz Michael RohmTel: 030 - 89 70 25 27
Mobil: 0175 - 272 63 24
buero.rohm@snafu.de
Forckenbeckstraße 9-13
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