Bei sommerlicher Hitze zählt gekühlte Wassermelone zu den Nachtisch-Favoriten. Doch Berliner Köche servieren sie auch als Hauptspeise höchst kreativ. Und eine junge Bartenderin huldigt ihnen mit einem Cocktail
Menschen die während der Sommermonate am Mittelmeer urlauben, kennen das erfrischende Dessert der aufgeschnittenen Wassermelone von Sandia in Spanien, Pastèque in Südfrankreich, Anguria in Italien, Lubenica in Kroatien, Karpusi in Griechenland bis zur Karpuz in der Türkei. Neben dem schlichten Klassiker bieten Berliner Köche höchst aufgefallene, überraschende und stets exzellent schmeckende Kreationen der zur Familie der Kürbisgewächse zählenden Frucht. Die Betreiberin der Bar „Rum Trader“ verarbeitet pürierte Wassermelone sogar zu einem gehaltvollen Cocktail.
Für Küchenchef Lukas Mann, Betreiber des angesagten Lokals „Frühstück 3000“ gehören Wassermelonen „einfach zum Sommer“. Er schätzt die Frische der zu 90 Prozent aus Wasser und 8 Prozent Fruchtzucker bestehenden Früchte, die zudem noch über reichlich Mineralien und Vitamine verfügt. Die nächsten zwei Wochen serviert er neben Müsli, Bowls, Eggs Benedict und veganem Frühstücksburrito das Spezialfrühstück Garnele und Wassermelone am Kreuzberger Forment-und Moses.Medelssohn-Platz gegenüber des Jüdischen Museums. Dafür hat der Koch, der zuletzt im Zwei-Sterne-Restaurant „Lorenz Adlon“ tätig war, südamerikanische Zutaten mit mediterranen gemischt. Auf ein Bett von gestampften lila Kartoffeln kommt die Avocadocreme Guacamole, darauf mit Chili und Tigermilch angeschärfte gehackte Garnelen. Das Ganze toppt er mit Stiften von Wassermelone, die er zwei Tage in Essig, Orangen- und Zitronensaft eingelegt hat. Für 19 Euro ein überzeugend kombiniertes Frühstück, dass gut bis zum Abend satt macht.
Trotz ihrer Süße und des großen Wasseranteils zählen Wassermelonen nicht zum Obst. Vielmehr sind die rund 40 Arten mit Kürbissen und Gurken verwandt. Kultiviert werden sie seit mehreren tausend Jahren vor allem in trockenen, heißen Regionen, wo sie als Wasserspender geschätzt werden. Vor rund fünfzig Jahren wurden kernlose Exemplare gezüchtet, in Japan gelang die Züchtung einer viereckigen Melone.
Neben den hier vorgestellten sehr außergewöhnlichen Kreationen gibt es seit einigen Jahren auch bekannte Verarbeitungsformen der Wassermelone abseits der aufgeschnitten servierten Durstlöscher. In zahlreichen Berliner Eisdielen etwa wird den Sommer über Meloneneis angeboten. In einigen innovativen Pizzerien, in der Regel solche, die neapolitanische Pizza anbieten, landen bis Ende August Wassermelonenstückchen auf der Pizza. Und auch das beliebte spanische kalte Sommersüppchen Gazpacho lässt sich mit einigen Stücken Wassermelone zu Gurke, Paprika und Tomate ordentlich aufpimpen. In der Sternegastronomie wird gerne ein fruchtig-eisiges Sorbet oder Granité als Zwischengang vor dem Hauptgang serviert. Auch hier ist im Sommer ein Wassermelonenaroma willkommen, wie zuletzt im Menü des Sternerestaurants „Tulus Lotrek“ in Kreuzberg.
Ein unvergleichliches Geschmackserlebnis bietet Nawid Samawat vom „Chicago Williams“. In seinem Smoker, in dem sonst Rinderbrust, Schweinerippchen und Hähnchen heiß geräuchert werden, gart er Melonen 6 bis 8 Stunden bei 130 Grad. „Die Idee kam mir, als ich in einem Asia-Restaurant gegrillte Ananas aß. Da dachte ich mir, das müsste auch mit Melone im Rauch gehen“, berichtet Samawat. Nach einigem Experimentieren hatte er den Bogen raus. Große, etwa vier Kilogramm schwere, längliche Exemplare werden mit einem sehr scharfen Messer geschält, bis nur das rote Fruchtfleisch übrig ist. Das erhält einen Abrieb aus Salz, Thymian, Rosmarin und Zitronenschale. Im Ergebnis kommt zwischen die Zähne eine fast fleischartige Konsistenz die mit den mediterranen Kräuternoten im Verein mit Raucharomen und fruchtiger Frische besticht. Zusammen mit einem Dip aus Joghurt und Kerbelöl ein überraschender Gang nicht nur für Vegetarier, 14,50 Euro. Maximal bis zur zweiten Septemberwoche steht der Gang auf der Karte. „Dann sinkt die Qualität der Melonen, gleichzeitig steigt der Preis“, so Nawid Samawat.
Im türkischen „Baba Pirzola“ am Wittenbergplatz hat man sich auf über Holzkohle gegrilltes Fleisch von Rind, Kalb und Lamm spezialisiert. Mehr als 40 verschiedene Vorspeisen werden dazu serviert. Im Hochsommer steht die Wassermelone als vielfältiger Begleiter auf der Karte, als kleiner Salat mit Schafskäse und Minze oder klassisch gekühlt aufgeschnitten zum Abschluss eines Essens. Beliebt ist bei den Gästen Wassermelone kurz gegrillt. „Wir servieren zwei gegrillte Stücke zusammen mit zwei Kalbsfilets und kleinem Beilagensalat“, erläutert Restaurantleiter Soner Bulut. Beeindruckend ist, wie die Melone die Fleischaromen des Grills geradezu aufsaugt, 26 Euro. Im gegenüber liegenden Fischrestaurant Babaliqu steht ein sommerlicher Salat mit Wassermelonenwürfeln und mild gebeiztem Lachs auf der Karte, 18 Euro.
In der neuen Charlottenburger Trattoria „Qui 31“ zelebriert Küchenchef Kelly Windmeier die Wassermelone als eines von zwei Spätsommer-Desserts. Dafür friert er Stücke des Kürbisgewächses ein, einen weiteren Teil püriert er zu einem Schaum und Saft. Den Saft kocht er mit Vanille, Limettenabrieb und Puderzucker auf, reduziert bei kleiner Flamme und passiert das Ganze durch ein Sieb. Diese Melonenreduktion mischt er mit Joghurt und Sauerrahm. Die Masse wird nochmals passiert und in einen Syphon gefüllt. Der steht im Kühlschrank und wartet darauf, in sich in einem Glas mit in weißem Zucker goldbraun karamellisierten Mandelstiften zu vereinen. Auf die Joghurt-Melonen-Masse raspelt der zuletzt im Sternerestaurant „Golvet“ tätige Koch tiefgefrorene Melone und nochmals Limettenschale. Im Ergebnis ein erfrischender Nachtisch mit überraschendem Spiel von süßen, säuerlichen und bitteren Noten, ergänzt durch den Crunch der karamellisierten Mandelstifte, 10 Euro.
Vor mehr als sechzig Jahren schrieb Jazzpianist Herbie Hancock den groovenden Klassiker Watermelon Man. Dreißig Jahre später kreierte der Berliner Barkeeper Thomas Pflanz seinen Cocktail Watermelon Man mit Wodka, Wassermelonenlikör, Limettensaft, Grenadine und Soda. In seiner „Hildegard Bar“ in der Marburger Straße zählt der Drink zum Standartprogramm. Nicht weit vom Tauentzien entfernt hat Charlotte Fedtke zusammen mit Sahad Zamani vor viereinhalb Jahren die von Hans Schröder gegründete West-Berliner Kultbar „Rum Trader“ am Fasanenplatz übernommen.
Neben Ikonen wie Gimlet, Daiquiri und Sours entwickelt die 32-Jährige immer wieder neue Cocktails. Aktuell mixt sie einen Suika Royal. „Suika heißt Wassermelone auf Japanisch. Wir garnieren den Cocktail mit einem Shizo-Blatt“, erklärt die junge Barkeeperin. Zuvor püriert sie Wassermelone und siebt den Saft ab. Der wird im vorgekühlten Glas mit Grünteesirup und hochprozentigem fruchtigem Rhum Agricole, 49 Prozent, gemischt und mit Bollinger-Champagner aus der Magnumflasche aufgegossen. Für 23 Euro ein perfekter Spätsommer-Drink nachts auf der lauschigen Bürgersteigterrasse.
Baba Pirzola, Bayreuther Straße 35, Schöneberg, Tel. 43 66 20 23, So.-Do. 12-23, Fr. + Sbd. 12-24 Uhr, www.babapirzola.de
Babaliq, Wittenbergplatz 3a, Schöneberg, Tel. 23 62 92 16, www.babaliq.de
Chicago William, Marburger Straße 16, Charlottenburg, Tel. 28 04 24 22, Mo.-Sbd. 17-24 Uhr, www,chicagowilliamsbbq.de
Frühstück 3000, Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz 9, Kreuzberg, Tel. 0151-70 58 34 62, täglich 9-16 Uhr, www.fruehstueck3000.com
Qui 31, Suarezstraße 31, Charlottenburg, Tel. 0157-57 76 69 04, Do.-Mo. ab 17 Uhr, www.qui31.de
Rumtrader, Fasanenstraße 40, Wilmersdorf, Tel. 0176-24 23 54 45, Di.– Do. 20.15 – 1, Fr. 20.15-2, Sbd. 15-21 Uhr, www.rumtrader.com