Die kalte hessische Sommersoße ist ideal für heiße Tage. Ihre Zutaten gibt es mittlerweile auch in Berlin frisch zu kaufen.
Susanne Petersen sieht aus, wie man sich eine moderne Bäuerin vorstellt: festes Schuhwerk, Jeans, Schiebermütze und Hände, die unübersehbar in der Erde arbeiten. Jeden Sonnabend bringt sie von ihrem Hof in Trebnitz, einem Ortsteil von Müncheberg im Märkisch-Oderland, Obst und Gemüse auf den Markt am Breslauer Platz in Friedenau.Ab acht Uhr verkauft sie frisch Geerntetes von den eigenen Feldern und befreundeten Bauern aus der Umgebung. Spezialisiert hat sich die 45-Jährige im Laufe der Zeit auf Kräuter und ausgefallene Salate. „Grüne Soße ist seit etwa zehn Jahren im Programm. Damals lernte ich die Kräutermischung kennen und war sofort begeistert“, erzählt Susanne Petersen. Die dreißig bis vierzig Bunde, appetitlich zu einem Strauß zusammengebunden, sind meistens lange vor Marktende verkauft. 3,50 Euro kostet das Bund, und reicht für vier Personen.
„Borretsch, Pimpinelle, Sauerampfer“ zählt sie auf, „Petersilie, Zitronenmelisse, Schnittlauch, Kresse“, manchmal nimmt sie Isop, Dill oder Estragon hinzu. Im Gegensatz zu gebürtigen Frankfurtern sieht sie die Zusammensetzung der in Frankreich als „sauce verte“ und in Italien als „salsa verde“ bekannten Kräutersoße, nicht dogmatisch. „Schließlich sind nicht alle Kräuter immer zur selben Zeit erntereif“, erklärt die Bäuerin. Auch ob das Rezept für die „Grie Soß’“, wie sie auf Frankfurterisch heißt, von Goethes Mutter stammt, interessiert Susanne Petersen wenig. Dafür umso mehr, wie die einzelnen Kräuter schmecken, die sie gleich zur Verkostung reicht. Frisch nach Gurke schmeckend breitet sich der haarige Borretsch im Mund aus, pfeffrig und nussig die Pimpinelle. „Die macht die Soße rund“, sagt sie.
Dieser Meinung schließt sich Koch Thorsten Neubecker aus der Apfelweinwirtschaft „Frau Rauscher“ in Kreuzberg an. Bei ihm kommen allerdings weder Estragon und noch Zitronenmelisse in die Frankfurter Spezialität, stattdessen Kerbel. „Sieben Kräuter stehen im Originalrezept, so machen wir sie“, erklärt der gebürtige Frankfurter. Die Zutaten bezieht er über „Frischeparadies“, originalverpackt in einer weißen Papierrolle aus dem Anbaugebiet in Oberrad bei Frankfurt.
Nicht zu kalt servieren
Abstriche macht er bei der Zubereitung. Zwar würden Puristen zum Zerkleinern der Kräuter nur das Hackmesser verwenden, „aber das lässt sich in der Gastronomie nicht einhalten“. Also werden die Kräuter zuerst grob gehackt, und kommen dann unter den Stabmixer. Sind sie ganz kurz und klein, gibt Neubecker noch einige Gewürzgurken zu, Salz, Pfeffer, eine Prise Zucker, etwas Knoblauch, „einen Hauch Zitrone“, und mixt erneut.Anschließend rührt er die Kräuter unter eine Mischung aus Joghurt und Saure Sahne. Zur vegetarischen Grünen Soße reicht er geviertelte hartgekochte Eier, die Edelvariante wird mit Tafelspitz serviert. Sogar mit Kalbsschnitzel und Bratkartoffeln steht sie auf der Karte. Die Preise liegen zwischen zehn und fünfzehn Euro. Als Tipp empfiehlt Neubecker, die Soße rechtzeitig vor dem Servieren aus dem Kühlschrank zu nehmen. „Wenn sie zu kalt ist, entfalten sich die Kräuteraromen nicht ausreichend.“
Eine regionale Variante hat Sophia Hoffmann mit der „Neuköllner Grünen Soße“ erfunden. Wie mittlerweile viele in der Berliner Gastronomie arbeitet sie als freie Köchin. Teilweise lässt sie sich per Internet für private Feiern buchen, teilweise catert sie. In der Küche der Crêperie „Let it be“ in der Treptower Straße steht sie ein- bis zweimal die Woche. Für ihre „Neuköllner Grüne Soße“ verwendet Sophia Hoffmann statt Saure Sahne und Joghurt kalte Sojamilch, Zitronensaft und Rapsöl. Die püriert sie zuerst zu einer Mayonnaise. Anschließend kommen die Kräuter und gekochte Kichererbsen hinzu. Die sorgen für eine sämige Konsistenz. Abgeschmeckt wird mit ayurvedischem Kala-Namak-Salz mit leicht schwefligem, an gekochte Eier erinnernden Geruch. Dazu serviert Sophia Hoffmann eine Galette, wie die nicht süßen Crêpes in der Normandie heißen.
Susanne Petersen schätzt die Kräutersoße noch einmal anders. Sie isst sie fast wie Salat, „mit ganz wenig Joghurt. Dann kommt der Geschmack noch besser heraus“.
Frau Rauscher, Wrangelstraße 42, Kreuzberg, Tel.: 69 59 87 02, Mo.-Fr. 12-23, Sbd. & So. 11-23 Uhr, www.fraurauscher.com
Let it be, Treptower Straße 90, Neukölln, Tel.: 52 66 93 68, Mi.-Fr. 15-22, Sbd. & So. 13-22 Uhr, www.letitbevegan.de
Kräuter für Grüne Soße
Frisch und Frei, Susanne Petersen, Markt am Breslauer Platz, Stand Niedstraße, Friedenau, Tel.: 033477-43 80, Sbd. 8-18 Uhr, www.frisch-frei.de
Frischeparadies, Morsestraße 2, Charlottenburg, Tel.: 39 08 15-0, Mo.-Fr. 8-20, Sbd. 8-18 Uhr, Filiale Prenzlauer Berg, www.frischeparadies.de