Stachelige Gemüsekönigin

Artischocken sind ein gesundes Edelgemüse. Verwendung findet es hauptsächlich in der französischen und Fine-Dining-Küche

Küchenchef Yann Mastantuono und seine Frau, Malerin Dorothée Louise Recker, lieben Artischocken.

„Wir lieben Artischocken, es ist ein fantastisches Gemüse“, schwärmen Yann Mastantuono vom Kreuzberger„Mastan“ und seine Frau Dorothée Recker. Seit April vergangenen Jahres betreibt der Schüler von Sternekoch Alain Ducasse sein Kreuzberger Restaurant mit modern interpretierten französischen Klassikern. „Dazu gehört natürlich die Artischocke, besser gesagt die Artischocken. Denn es gibt sehr unterschiedliche Sorten davon, von klein bis groß“, so der Chefkoch.

Aktuell verarbeitet er die länglichen, kleinen violett-grünen italienischen Artischocken Violeto di Provencia , die in seiner südfranzösischen Heimat Provence Poivrade heißen. Daraus bereitet der 41-Jährige seine Vorspeise Artischocke à la Barigoule zu, „ein Bauerngericht, dass sich seit dem 17. Jahrhundert im Süden Frankreichs großer Beliebtheit erfreut“, erklärt Mastantuono. Sie werden je nach Größe 20 bis 50 Minuten weich gekocht. „In meiner südfranzösischen Heimat wurden großen runden Artischocken, sie heißen Camus und stammen aus der Bretagne, mit einer Farce aus Pilzen und Wurzelgemüsen gefüllt.“

Artischocken à la Barigoule im “Mastan”.

Für seine moderne Interpretation der kleinen Artischocken à la Barigoule, 12 Euro, schneidet Mastantuono die stacheligen Blattspitzen und Stiele des Gemüses ab. Bevor er die gestutzten Artischocken kocht, beträufelt er sie mit etwas Zitronensaft, „sonst besteht die Gefahr, dass sie sich schnell dunkel bis schwarz verfärben“. Blattspitzen und Stengel werden mit Olivenöl Wasser und Kräutern der Provence zu einer sämigen Brühe reduziert. Die abgekühlten, weichen Artischocken werden in dünne Streifen geschnitten, kurz in heißem Olivenöl erhitzt, mit Weißwein abgelöscht, bevor kleingewürfelte Karotten, Champignons, Schalotten und durchwachsener Speck für einige Minuten dazukommen.

Im Mund vereinen sich die herben Aromen der Artischocke mit den salzigen Noten von Speck und Pilzen mit der Süße von Schalotten und Karotten zu einem herrlich sommerlichen Geschmackserlebnis. Dazu passt ein fruchtig-trockner Rosé aus der Provence.

Der Koch schwärmt von marinierten, kleinen Artischocken, mit Trüffeln, „so hat sie mein Vater im Winter gegessen.„Es gibt Dutzende Rezepte, aber viele Köche scheuen sich davor, Artischocken auf die Karte zu nehmen“, so Mastantuono. Das edle Gemüse ist im Einkauf verhältnismäßig teuer, kaum die Hälfte des Gemüses kann verwendet werden und zudem muss viel Zeit aufgewandt werden, bis es serviert werden kann.

Das Distelgewächs mit dem botanischen Namen Cynara cardunculus ist seit der Antike im Mittelmeeraum als Gemüse und als Heilpflanze bekannt. Ihren Siegeszug nach Europa traten Artischocken aber erst im 15. Jahrhundert an, als ein neapolitanischer Händler sie aus Sizilien importierte in die Toskana importierte und die mächtigen Medici sie, auch wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkung, auf ihre Speisekarte setzten. In der modernen Medizin werden der Distelpflanze appetitanregende und verdauungsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Zudem sollen Artischocken die Ausscheidung von Cholesterin fördern. Zu den größten Produzenten zählen Ägypten, Italien und Spanien.

Beliebte Vorspeise von Paaren

Gekochte Camus-Artischocke mit Vinaigrette und Kräuterquark im “La Cocotte”.

In dem seit 25 Jahren von Mikky Gliese und seinem Mann Philippe Claude französisch beatmeten Schöneberger Restaurant „La Colette“ werden die großen bretonischen Camus-Artischocken klassisch gekocht und mit zwei Dips, eine Essig-Öl-Vinaigrette mit roten Zwiebeln und Kräuterquark angeboten. „Diese spezielle Art, die gekochten Artischocken wie eine Blüte auf den Teller zu legen, kennt man nur in Frankreich“, sagt Koch Philippe Claude.

Bis zu einer dreiviertel Stunde köcheln sie in Salzwasser, bevor sie abgekühlt serviert werden. Zuerst zieht man die Blätter ab, taucht das dicke Ende in den Dip und zieht anschließend das Fruchtfleisch durch die Vorderzähne. „Sehr sinnlich, ein Essen für ein Paar“, findet Micky Gliese und schmunzelt. Dazu passt ein kalter Riesling oder Beaujolais Rosé und frisches Baguette. Sind alle Blätter gegessen, wird die Heu genannte Blüte der Artischocke entfernt und das Herz, der fleischige Boden, mit dem Rest der Dips gegessen, 12 Euro.

Dominik Obermeier von der Brasserie Colette mit Thunfisch auf Artischockenpüree.

Für zwei Euro mehr werden Artischocken in der „Brasserie Colette by Tim Raue“ in der Nähe des KaDeWe serviert. „Mit Zitrone in Salzwasser gekocht, dazu drei verschiedene Dips, eine Vinaigrette mit Petersilie, eine Zitronencreme und eine Creme mit dem pfeffrigen Piment d’ Espelette“, erklärt Küchendirektor Dominik Obermeier. Zurzeit hat der 38-Jährige Raue-Schüler noch den Hauptgang Thunfisch Nicoise mit Artischocken-Püree, 39 Euro, auf der Karte. Dazu füllt er zwei Salatschiffchen mit kleingehackten Grünen Bohnen, Sardellen, Mayonnaise, roter und gelber Paprika sowie hartgekochtem Ei. Der ganz kurz gebratene Thunfisch liegt auf einem Bett aus Artischocken-Püree . „Die ganze Artischocke und den Thunfisch Nicoise haben wir bis Mitte Oktober auf der Karte“, versichert Obermeier.

Artischockencreme mit Sommertrüffel im Weinlobbyist.

Einen cremigen Artischockengang hat auch Ronny Marx vom Restaurant „Der Weinlobbyist“ als Vorspeise auf der Karte. Der als Aufsteiger für die Berliner Meisterköche nominierte 38-Jährige schätzt den „grazil-vegetalen Geschmack“ der botanisch zu den Gewächsen der Korbblütler zählenden Kulturpflanze. Für seine Creme blanchiert er die Böden des Gemüses in Olivenöl, schmeckt mit Salz, Pfeffer und Limettensaft ab und püriert sie mit etwas Trüffeljus. „Wenn die Masse zu viel Flüssigkeit zieht, dicke ich mit glutenfreiem Guarkernmehl ab“, führt Marx aus. Zusammen mit hauchdünnen Scheiben vom Sommertrüffel und vor allem mit dem vorzüglichen hausgebackenen Brot eine fast süchtig machende Vorspeise, 17 Euro.

Kleine violette Artischocken.

Ebenfalls eine sommerliche Vorspeise serviert Küchenchef Vincent Garcia in seinem französischen Bistro „Pastis“ am Rüdesheimer Platz. Er hobelt kleine Poivrade Artischocken millimeterdünn, blanchiert sie in Olivenöl, löscht mit Weißwein ab und lässt sie abkühlen. Die lauwarmen Gemüseschnitze begleiten Lollo-Rosso-Salat-Röschen, gehobelte Sommertrüffel, ein Faden alter Balsamico, Honig und geröstete Haselnüsse, 19 Euro. „Artischocken sind eines der gesündesten Gemüse, in Frankreich nennen wir sie auch ‚Leberfreundin’“, so Garcia.

Später im Sommer kommt eine Artischockensuppe auf die Karte. Dafür werden Böden der großen Camus-Artischocken aus der Bretagne mit Zwiebeln und Butter blanchiert, reduziert, püriert und mit Gemüsefond aufgegossen. „Diese Brühe wird dann mit Butter aufmontiert. Dazu kann man Croutons geben, Trüffel, aber auch Jakobsmuscheln. Mit einem guten Baguette einer meiner Lieblingssuppen“, so Vincent Garcia.

Christoph Kümper vom Restaurantschiff „Patio“ hat einen mit Taleggio gefüllten Artischockenboden als Käsegang im Menü oder als Weinbegleitung auf der Snackkarte im Angebot, 14,50 Euro. Der sehr elaboriert zubereitete Gang zeugt von Kümpers Können im sterneverdächtigen Fine-Dining. Die weich gekochten Artischocken werden von Blättern und Heu befreit und in Olivenöl, mit Rosmarin, Thymian, Sternanis, Pfeffer und Koriandersamen confiert. Anschließend kommt eine Portion Taleggio auf den Boden, on top sorgt ein Crumple aus frittierten Kartoffelscheiben für den Crunch. Gekrönt wird die Taleggio-Artischocke mit einem kleinen, herben Salat von Frisée, Chicorée und Radiccio. Damit fügt Kümper der vegetalen Cremigkeit der Artischocke und dem salzigen Weichkäse noch bittere Aromen zu.

La Cocotte, Vorbergstraße 10, Schöneberg, Tel. 78 95 76 58, Mo.-Sbd. 18-23 Uhr, www.lacocotte.de

Mastan, Gneisenaustraße 67, Kreuzberg, Tel. 49 92 48 44, Di.-Do. 18-22, Fr. und Sbd. 18-22.30 Uhr, www.restaurantmastan.com

Pastis, Rüdesheimer Straße 9, Wilmersdorf, Tel. 81 05 57 69, Di.-So. 12-23, Küche bis 22 Uhr, www.restaurant-pastis.de

Patio Kirchstraße 13 a, Moabiter Brücke, Moabit Tel. 40 30 17 00, Di.-Sbd. ab 17.30 Uhr, www.patio-berlin.de

Colette, Passauer Straße 5-7 Schöneberg, Te. 21 99 21 74, tägl. 12-15 und 18-23 Uhr, www.brasseriecolette.de

Weinlobbyist, Ronny Marx, Kolonnenstraße62, Schöneberg, Tel. 30 64 07 72, Mo., Do.+So 17-23, Fr.+Sbd.17-24 Uhr, www.derweinlobbyist.de

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