Sonja Frühsammer, Berlins erste und einzige Sterneköchin und Mutter zweier Kinder musste sich bei der Betreuung auf ihre Mutter verlassen. „Sonst wäre das nicht gegangen.“ Während der Ausbildung in der Kantine eines Industriebetriebs in Spandau hatte sie Glück. „Mein Küchenchef war ein Franzose, der hatte wirklich gutes Benehmen. Ich habe immer nur von anderen in der Berufsschule gehört, dass sie angeschrien werden und sogar mal ne Pfanne flog.“ Als sie sich mit ihrem Mann Peter Frühsammer im Restaurant des Grunewald als Küchenchefin selbstständig machte, „habe ich ganz schön Manschetten gehabt. Ich bin sehr harmoniebedürftig. Das geht aber in einer Küche nicht immer. Da muss manchmal klare Kante gezeigt werden. Mit der Zeit hat sich das aber geändert.“ Die Spitzenköchin, deren ausgefeilte saisonale Aromenküche im Restaurant „Frühsammers“ zu den besten der Stadt zählt, wird schon mal von Restauranttestern gefragt, „wo denn die weibliche Note in meinen Gerichten sei.“ Und als sie auf der Berlinale mit anderen Sternenköchen auftischte, kam die Frage auf, „ob ich hier die Quotenköchin bin“.
Sophia Rudolph ist derzeitiger Shooting-Star bei den Berliner Chefinnen. Sie hat vier Jahre im Sternerestaurant Rutz als Sous Chefin gearbeitet und Erfahrungen in französischen Sternerestaurants gesammelt. Sie gibt deutschen Produkten einen internationalen Twist und begeistert mit Gerichten wie Saibling-Tacos, geflämmter Makrele oder Zander mit Salzapfel und Buttermilch-Vinaigrette. Die 30-Jährige gilt zu Recht als heiße Anwärterin auf den Titel der Aufsteigerin bei den Berliner Meisterköchin 2017. „In allen meinen Stationen als Köchin war ich die einzige Frau in der Brigade. Gelitten habe ich nie, Macho-Sprüche gab es auch, aber wer in die Küche will, darf nicht zu sensibel sein“, sagt sie. Ein Problem sei die Familienplanung. „Dazu braucht man definitiv mehr Zeit, als einem als Küchenchefin zusteht.“ Johanna Nußbaumer, Küchenchefin und Besitzerin des mehrfach mit dem Bib Gourmand ausgezeichneten österreichischen Restaurant „Nußbaumerin“, hat sich in der Lehre in den Achtzigerjahren „voll auf mich konzentriert. Sprüche gab es im Salzburger Fünf-Sternehotel Fuschel keine, so was hört man eher in kleinen Läden.“ Mit zwei Köchen und einer Köchin bereitet sie in Kudammnähe österreichische Klassiker wie Tafelspitz, Wiener Schnitzel und Salzburger Bierfleisch. Was nach ihrer Erfahrung im gemischten Team Köchinnen von ihren männlichen Kollegen unterscheidet? „Köchinnen sind oft ein wichtiges Bindeglied im Team, können gut abschmecken und achten sehr stark auf Sauberkeit und Ordnung.“
Die Brigade mit dem höchsten Anteil an weiblichem Personal findet sich in Berlin derzeit im Restaurant „Quarré“ im Hotel Adlon. Michéle Müller, frisch gekürte Küchenchefin des ebenerdigen Restaurants mit Blick auf Pariser Platz und Brandenburger Tor legt großen Wert auf Gleichberechtigung in der Küche. „Sechs Frauen im Team von 17 ist zwar noch nicht Parität, aber ich arbeite dran“, sagt die 36-Jährige, die auch für den Roomservice verantwortlich ist. Nach der Ausbildung in Berlin war sie zuletzt Küchenchefin und –Direktorin in Abu Dhabi. „Da war ich immer die einzige Frau in der Küche. Das ist hier in Europa und vor allem in Berlin zum Glück anders.“ Mit ihrem unbeschreiblich weiblichen Team will sie neue Akzente in puncto Geschmack und Frische setzen, zum Beispiel mit Kalbsbäckchen mariniert in Köstritzer Schwarzbier.