Viel Rauch ums Fleisch

Vor zwölf Jahren begann in Berlin der Hipe um heißgeräuchertes Fleisch. Mittlerweile gibt es mehrere Restaurants. Und im Schöneberger Grillshop gibt es sogar das nötige Zubehör für Zuhause

Zum Reinbeißen: Barbecu-Platte mit Spareribs, Rinderbrust, Pulled Pork und Hähnchen im “Chicago Williams”.

Donnerstagnachmittag in der Kreuzberger Markthalle Neun. Im Paradies der Foodies tummeln sich Touristen und Berliner, snacken sich durch das vielfältige Angebot. Bei „Big Stuff Smoked BBQ“ steht eine Gruppe junger Männer aus Los Angeles. Jeder will ein Brisket-Sandwich, butterzarte Rinderbrust im Brötchen, 10 Euro. Doch Brisket ist aus, von Pulled Pork, gezupftes, heiß geräuchertes Fleisch von der Schweineschulter, sind auch nur noch drei Portion da. Alternativ gibt es noch Schweinebauch oder Hühnerbrust. Läuft also bei „Big Stuff Smoked BBQ“.

Brisket bei Big Stuff BBQ in der Markthalle Neun.

Tobias Bürger gilt als Pionier des heiß geräucherten Rinder- und Schweinefleischs. Im September 2012 warf er den Southern Pride Smoker aus Tennessee an. „Das war zur Eröffnung der Markthalle Neun. Um uns bekannt zu machen, haben wir fünf der rund fünf Kilo schweren Rinderbrust-Hälften 14 Stunden lang bei 92 Grad auf Eichen- und Kirschholz geräuchert und sie kostenlos verteilt. Die Leute kannten es überhaupt nicht.“ Das hat sich inzwischen geändert.

Nawid Samawat würzt die Rinderbrust nur mit Pfeffer und Salz.

Im Smoker-Restaurant „Chicago Williams“ in der Marburger Straße in Kudammnähe sitzt man an Garnituren, die nur minimal besser als schlichte Biergarten-Möblierung sind, das Besteck müssen sich die Gäste aus Bierkrügen fischen, statt Servietten stehen Haushaltsrollen auf den Tischen. Das stört hier niemand, denn der Fokus bei „Chicago Williams“ liegt ganz klar auf dem, was der Service auf Aluplatten mit Metzgerpapier zu Tisch bringt.

Fleisch, Fleisch und Fleisch, und zwar in köstlich zarter Form mit hinreißenden Raucharomen 12 bis 14 Stunden lang mit Eichen- oder Kirschholz bei 96 bis 110 Grad heiß geräuchert. Rinderbrust, Spareribs, halbe Hähnchen und gezupftes Fleisch vom Schweinenacken. Brisket, Rips, Chicken und Pulled Pork lauten die Fachausdrücke auf der Karte. Ganz klar: Dieser Trend kommt aus den USA.

Dort hatte sich Nawid Samawat, Sohn einer Berlinerin und eines Persers, auf einer Reise mit seinem Bruder Ende der Nullerjahre die Idee eines Restaurants mit Smoker geholt. Nach einigen Jahren als Barkeeper hatte der Schöneberger Rap-Liebhaber Ausschau nach gastronomischen Alternativen gehalten. Im November 2012 eröffnete in Mitte das „Chicago Williams“. 2021, mitten in der Corona-Pandemie, zog er in die Marburger Straße um.

Zum Reinbeißen: Rinderbrust im “Chicago Williams”.

Herzstück des Lokals ist ein 1,3 Tonnen schwerer Schamott-Stahl-Smoker von der Firma JNA aus der Nähe von Dallas, Texas. Aus den Südstaaten der USA stammt die Technik des Heißräucherns. Morgens um fünf Uhr beginnt die Arbeit in der Küche. Dann werden Rinderbrüste getrimmt, sprich Fett abgeschnitten, so dass nur eine dünne Schicht oben übrig bleibt. „Das wird die Kruste“, erläutert Nawid Samawat. Er setzt auf US-Prime-Beef aus Oklahoma. Rund zwölf Tonnen Rinderbrüste verarbeitet er im Jahr. Nach dem Trimmen erfolgt der Rub. Die Rinderbrust wird mit Apfelessig eingerieben. „Das sorgt dafür, dass das Fleisch noch ein bisschen zarter wird, und durch den Restzucker im Essig karamellisiert die Oberfläche leichter“, führt der 42-Jährige aus. Anschließend wird das Fleisch gesalzen und gepfeffert und kommt dann für mindestens zwölf Stunden in den Ofen. Obwohl die Temperatur elektronisch geregelt wird, müssen die Mitarbeiter den Garzustand immer wieder prüfen.

Im Ofen findet nach zwei bis drei Stunden eine chemische Reaktion statt, bei der das Kollagen, intramuskuläres Fett, größtenteils schmilzt. Im Ergebnisreduziert sich das Gewicht um etwa 40 Prozent Gewicht. Das Gleiche geschieht mit den Nacken des Schwäbisch-Hallischen Schweines, die er von Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Besch aus Baden-Württemberg bezieht. Geschmacklich nennt es der Betreiber „Zen-Moment des Umami“.15 Euro kostet die 100 Gramm-Scheibe. Kein billiges Vergnügen, aber durchaus seinen Preis wert. Besonders wenn man zu mehreren kommt und für 29 Euro pro Person eine Platte mit Hühnchen, Brisket, Pulled Pork und Rips inklusive einer Beilage bestellt. Dazu zählen Cole Slaw, Mash and Gravy, Kartoffelpüree und hausgemachte Jus, Cesar Salat oder hausgemachte Fritten.

Auch im neuesten Tempel des Fleischgenusses, dem „Beast“ am Alexanderplatz, findet sich eine heißgeräucherte Spezialität. Rund 300 Kilo Kalbsquerrippe packt Küchenchef Fabian Meister alle zwei Wochen in den Konvektomaten. Vorher hat er sie mit einer Trockengewürz-Mischung aus Paprika, Kreuzkümmel, Knoblauch Melassezucker und Salz eingerieben. Eine gute Handvoll vorgeweichte Hickory-Holzspäne, amerikanischer Nussbaum, in einem Siedebehälter sorgt nach sechs bis acht Stunden bei 120 bis 130 Grad für rauchige Aromen. 23 Euro kostet die Portion der Black Hawk Ribs.

Original Texas-Style im Wedding

Nach 12 Stunden holt Lino Brandi eine Rinderbrust aus dem Smoker.

Bei „Lino’s BBQ“ im afrikanischen Viertel in Wedding geht es rustikal zu. In der Küche steht ein dreieinhalb-Meter langer Stahl-Smoker mit drei Räucherkammern und einer Brennkammer. „Damit bin ich der Einzige in Europa“, behauptet Betreiber Lino Brandi. Hier wird das Fleisch von den selben Produzenten wie bei „Chicago Williams“ im Rauch von Buchenholz aus Brandenburg bei 135 Grad gegart. Um halb sechs wird die Brennkammer angeworfen.

Im Drei-Kammern-Smoker von Lino Brandi werden auch hausgemachte Schwein-Rind-Würste geräuchert.

„Es ist eine Arbeit, die ab Mittag ständiges Kontrollieren des Fleisches bedeutet“, sagt der 43-Jährige. 2017 eröffnete der gelernte Koch, in Berlin zuletzt im Sternerestaurant „Facil“, das 40 Sitzplätze Lokal mit Außentischen im Sommer kommt er auf 80. Alle Viertelstunde öffnet er kurz eine Klappe des Smokers, befühlt Brisket und Schweinerippchen. In der hinteren Kammer werden Würste heißgeräuchert, die er aus den Abschnitten von Schwein und Rind selbst herstellt, mit feuriger Chilinote. Beliebt sind seine hausgemachten Soßen, eine Melasse-süße, passt zur Wurst, eine würzige für das Fleisch.

Smoker für den Hausgebrauch

Michael Schulz vom “Grill Shop Berlin” mit Zwei-Kammern-Smoker.

Smoker kaufen und leihen kann man bei Michael Schulz’ „Grill Shop Berlin“ in Schöneberg. Seit mehr als 20 Jahren betreibt der 57-Jährige auf 400 Quadratmetern sein Geschäft. Rund 90 Prozent des Angebots machen gehobene bis Luxusgrills aus, mit Holzkohle oder Gas befeuert. Edelteile der Marken Napoleon, Brabura oder Broil King, mit zwei abschließbaren Klappen zu Preisen zwischen 1000 bis 4.500 Euro können auch zum Heißräuchern genutzt werden. „Die in Mode gekommenen eiförmigen Keramik-Grills von Big Green Egg lassen sich ebenfalls mit Holzschnitzen oder Pellets zum Räuchern nutzen, sogar bei niedrigen Temperaturen um 50 Grad, beispielsweise für Lachs“, so Schulz. Ein Gerät zum Kalträuchern von Fisch, Wurst oder auch Käse bietet der Akku-betriebene Kalträuchergenerator Smoke der Firma Outdoorchef, 199 Euro. Dabei wir in einer Kammer erzeugter Rauch per Schlauch in Grillgeräte geblasen.

Vor dem Ladengeschäft steht ein zwei Meter langer zwei Kammern-Smoker der Firma Joe’s Barbecue aus Oklahoma/USA. Rund 5.000 Euro kostet das Teil. „Kann man aber auch für ein Wochenende mieten. Bringe ich sauber hin und hole es dreckig wieder ab, für 500 Euro.“
Es gibt aber auch erheblich günstigere Varianten für den Hausgebrauch, sogar wenn man keinen Smoker besitzt. Auf mindestens 500 Gramm Häcksel der Brandenburger Firma Axt-Schlag in mehr als zehn verschiedenen Sorten von Hickory bis Kirsche, kommt das Gargut in den vorgeheizten normalen Backofen und los geht es, um 10 Euro das Kilo Häcksel, Schnitzel, Pellets oder Mehl.

Beast, Memhardstraße 6, Mitte, Tel. 25 81 76 96, Di.-Sbd. 17-2 Uhr, www.beast-berlin.com

Big Stuff Smoked BBQ, Eisenbahnstraße 42/43, Kreuzberg, Tel. 0163-629 04 13, Mo.-Mi. 12-16, Do. 12-22, Fr. 12-18, Sbd. 11-18 Uhr, www.bigstuff.de

Chicago William, Marburger Straße 16, Charlottenburg, Tel. 28 04 24 22, Mo.-Sbd. 17-24 Uhr, www,chicagowilliamsbbq.de

Linos BBQ, Malplaquetstraße 43, Wedding, Tel.55 60 29 77, Mi.-So. ab 17 Uhr, www.linosbbq.com

Grill Shop Berlin, Hohenstaufenstraße 42, Schöneberg, Tel. 34 33 75 73, Di.-Fr. 12-18, Sbd. 11-15 Uhr, www.grill-shop-berlin.de

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