Hannibal light – Zu Fuß über die Alpen

Pfitscher Joch, Zillertaler Alpen, Alpenüberquerung, 6. Etappe, Mayrhofen  nach Pfitsch, 9-2017 © FM Rohm.

Pfitscher Joch, Zillertaler Alpen, Alpenüberquerung, 6. Etappe, Mayrhofen nach Pfitsch, 9-2017 © FM Rohm.

Pfitscher Joch, Zillertaler Alpen, Alpenüberquerung, 6. Etappe, Mayrhofen nach Pfitsch.

Wie jeden Morgen zwischen Mitte Juni und Mitte Oktober verabschiedet Hoteldirektor Luis Bacher vom Drei-Sterne-Haus „Gasthof Lamm“ im charmanten Südtiroler Städtchen Sterzing mehr als zwei Dutzend Gäste. Geschafft aber glücklich fahren sie vom Endpunkt ihrer siebentägigen Alpenüberquerung mit dem Bus zurück zum Startpunkt an den Tegernsee. 

Georg Pawlata hat die Route der Alpenüberquerung entwickelt.

Von dort führt seit 2014 die Alpentraverse in sieben Etappen über vier Pässe und rund 100 Wanderkilometer einmal von Nord nach Süd über Europas größtes Gebirge. Entwickelt hat den erfolgreichen Wanderweg Georg Pawlata. Die Idee dazu kam dem gelernte Geograph, Hobbysurfer, passionierten Wanderer und Mountainbiker bei einem Besuch der Memminger Hütte während einer Alpenüberquerung auf dem berühmten Weg E5.
„Die Übernachtungsräume waren knallvoll, der Weg höchst anspruchsvoll. Da dachte ich, was fehlt, ist etwas für Leute mit mittlerer Kondition, mit Gepäckservice, geschulten Begleitern, mit Übernachtungen in Hotels mit guter Küche und Wellnessbereich.“ Drei Jahre lang recherchierte er alte Wanderkarten, sondierte bei den Tourismusverbänden Tegernsee, Tirol und Südtirol, besuchte Almhütten und Hotels. Seit 2014 kann das Angebot gebucht werden, mit organisierten Taxitransporten zu den jeweiligen Etappenstarts und –zielen, geführt, mit Gepäckservice zu den Hotels der nächsten Etappe.
Wer es anspruchsloser und günstiger mag, kann aber auch ganz auf eigene Faust planen und wandern, mit Gepäck auf dem Rücken. Denn Georg Pawlata hat die Route bestens mit einem gelben Schild mit Ü-Symbol ausgeschildert. Auf der Internetseite findet sich dazu eine genaue Beschreibung aller Etappen samt GPS-Daten. 

Landesgrenze D nach Aut, Alpenüberquerung, 2. Etappe, Wildbad Kreuth nach Achenkirchen


Anstrengendste Strecke ist erstaunlicherweise nicht die über den höchsten Pass am Pfitscher Joch zwischen Zillertaler Alpen und Südtirol. Vielmehr ist es die über den niedrigsten Pass, von Wildbad Kreuth zum Achensee. 850 Höhenmeter hinauf und 800 hinab auf rund 17 Kilometern. 
Start dieser zweiten Etappe, die erste führt im Flachland von bayerischen Gmund am Tegernsee bis Wildbad Kreuth, ist an der historischen Kuranlage, in der die CSU früher ihre Klausurtagungen durchführte.
Das ehemalige Kurbad wird derzeit umgebaut, angeblich zu einem Sanatorium. Kurz dahinter steigt der Wanderweg einen dichten Voralpen-Mischwald mit Buchen und Fichten empor. Die nächsten drei Stunden geht es aufwärts, bis unterhalb des 1600 Meter hohen Schildenstein. Schon bei der privaten Geis-Alm auf rund 1100 Metern sind die hier„Leiberl“ genannten T-Shirts durchgeschwitzt. An dieser Stelle lassen die Wanderer den Wald hinter uns. Er wird von Magerrasen abgelöst, der auf dem hellgrauen Kalkgestein der Voralpen von Mai bis Ende September von Kühen beweidet wird. Kaum vorstellbar, dass man über den Meeresbodenablagerungen des Jurameeres vor mehr als 200 Millionenjahren wandert. Die wurden durch die tektonischen Verschiebungen gegen die italienische Platte zu den Alpen aufgefaltet. Bei guter Sicht breiten sich die Hügel und Berge des Voralpenlandes aus. 
In einem kleinen Wäldchen auf dem Kammweg hinter dem Schildenstein passieren die Alpenüberquerer ein in einen Baumstamm eingewachsenes altes Emailleschild der Landesgrenze.

Meinrad und Pauline Sprengler, Blaubergalm,Alpenüberquerung, 2. Etappe, Wildbad Kreuth nach Achenkirchen

Kurz darauf öffnet sich der Blick Richtung Süden auf Ausläufer des Karwendel-Gebirges. Nach gut dreieinhalb Stunden erreicht man jetzt komplett durchgeschwitzt, die Blauberg-Alm. In rund 1.500 Meter Höhe halten hier Meinrad und Pauline Sprenger von Mai bis September Kühe und Schweine und verpflegen Wanderer bis Mitte Oktober. Von den Kühen stammt die Milch für ausgezeichneten Käse, den die gebürtige Niederländerin auch im Gouda-Stil herstellt. Einige der Schweine werden zu köstlichen Kaminwurzen und Speck verarbeitet. Außerdem bereitet Pauline Sprenger den besten Kaiserschmarrn der Route zu, goldgelb mit viel Alpenbutter und herb-fruchtigem Apfel-Birnen-Kompott von eigenen Bäumen. 

Die nächsten drei Stunden geht es auf Karrenwegen bergab bis zu einer Stelle, von der zweimal am Nachmittag Busse zur Übernachtungsstation in Achenkirch fahren. Könnte man auch laufen, sind aber noch einmal zehn Kilometer. Erheblich erholsamer ist dann die Etappe von Achenkirch nach Maurach, rund 13 Kilometer entlang des Achensees. Von der Station in Maurach lohnt ein Ausflug mit der Seilbahn auf den Rofan. Von rund 1800 Meter Höhe hat man einen wunderbaren Blick auf das Karwendelgebirge, den tief unten grünblau schimmernden Achensee und ganz in der Ferne stechen die Spitzen der Zillertaler Alpen ins Blau. 

Schlegeissee, Zillertaler Alpen, Alpenüberquereung, 6. Etappe, Mayrhofen nach Pfitsch

In dieses Bergmassiv geht es nach der vierten Etappe über Maurach nach Hochfügen dann am fünften Tag. Ein Bus bringt die Wanderer nach Hochfügen, eines der großen Skigebiete der Zillertaler Alpen. Durch ein von riesigen Gletschern geformtes Hochtal mit steilen Almhängen geht es bis hinauf zum Sidanjoch, von dort zur Rastkogelhütte, vorbei an eiszeitlichen Lacken. Das sind schmelzwassergefüllte Kuhlen, die während der letzten Eiszeit entstanden. Das letzte Stück führt entlang eines Bergrückens zur Alm Melchboden. Von hier stürzt der Berg rund 1400 Meter ins Tal. Die müssen nicht per Pedes bewältigt werden, sondern mit dem Bus. Der fährt einmal am Nachmittag um kurz vor vier Uhr über die Zillertaler Höhenstraße nach Mayrhofen. Von diesem quirligen Sommer- und Wintersport fährt der Linienbus zum leuchtend blauen Schlegeis-Speichersee, eingerahmt von mächtigen Gletscherbergen, zu denen sich die Zillertaler Alpen auf bis über 3500 Meter auftürmen. Der Weg führt durch einen breiten Grund vorbei an Wasserfällen und einem gurgelnden Bach bis zum letzten Anstieg. Auf 2275 Meter Höhe passieren wir den Alpenhauptkamm und die Landegrenze von Österreich und Italien. Vor uns liegt der Abstieg in das malerische Pfitschtal. Oben am Pass werden Erinnerungsfotos geschossen und im Pfitscherjochhaus die erste Pasta gegessen, danach ein kräftiger Espresso genossen. Wer mag, fühlt sich wie ein historischer Alpenquerer, wie Hannibal etwa, oder Goethe, oder ist ganz einfach nur stolz und glücklich, diese herrliche Passage absolviert zu haben.
Anderntags geht es auf Wiesenwanderwegen von St. Jakob/ San Giacomo rund zwanzig Kilometer 650 Höhenmeter hinab nach Sterzing.

Die Reise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt Tirol

Weitere Informationen


Alle Informationen zur Tour wie Distanz, Höhenmeter, Gehzeiten, Karten, Wegbeschreibungen, GPS-Tracks, Tipps und vieles mehr findet man unter www.die-alpenüberquerung.com
Direkt dort kann man aus drei Angeboten wählen:
“Flexibel und Gemütlich”: 720 Euro im Doppelzimmer für Übernachtungen und Frühstück in ausgewählten 3- und 4-Sterne-Hotels und Gasthöfen
“Komfortabel ohne Gepäck”: 1.040 Euro im DZ für Übernachtungen mit Halbpension in ausgewählten 3- und 4-Sterne-Hotels, täglichem Gepäcktransport und Rücktransport von Sterzing an den Tegernsee
“Geführte Wanderungen über die Alpen”: 1.350 Euro im DZ. Leistungen wie bei “Komfortabel ohne Gepäck”. Gewandert wird in einer Gruppe mit 8-15 Teilnehmern und einem geprüften Bergwanderführer. Pro Saison gibt es drei bis vier Überquerungen für Singles, 1.570Euro im Einzelzimmer.


Veranstalter der Touren ist das Reisebüro “Feuer und Eis Touristik” aus Rottach-Egern am Tegernsee. Tel: 08022/663640, www.feuer-eis-touristik.de

Veröffentlicht unter Fernweh

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Franz Michael Rohm

Franz Michael RohmTel: 030 - 89 70 25 27
Mobil: 0175 - 272 63 24
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