Havelaufwärts gen Norden

Auf dem Weg vom Spandau Spandau durch Wälder und Wiesen bis nach Hennigsdorf können die Badesachen eingepackt werden. Seen und Wasserläufe laden zur Rast ein.

Wasserlauf im Spandauer Forst © FM Rohm

Wasserlauf im Spandauer Forst © FM Rohm

Unseren Sommerausflug in den Norden der Stadt beginnen wir am Rathaus Spandau, das wir mit U-, S-, oder Regionalbahn erreichen. Gegenüber des monumentalen wilhelminischen Rathausbaues mit dem markanten Turm kommen Eisliebhaber nur schwer am Eiscafé Florida vorbei. Direkt hinter dem modernen Pavillon führt der Weg Richtung Falkenhagener Feld über Kemmannweg und An der Kappe zum Großen Spektesee und zu den Spektewiesen. Durch diesen Grünflächenzug wandern wir auf Pfaden neben dem asphaltiertem Fahrradweg, auf dem besonders am Wochenende zahlreiche Radler unterwegs sind, durch eine Feuchtwiesen-Landschaft, in der flaches Wasser in der Sonne glänzt. Daran an schließt sich der Spektesee, der von manchen Sonnenanbetern für eine kurze Erfrischung genutzt wird. Wir marschieren weiter, denn es sind noch einige Kilometer, bis wir eine Badepause einlegen werden.
Unser Weg führt nun über die Falkenseer Chaussee auf dem Mauerweg entlang der Grenze zu Brandenburg. Auf dem ehemaligen Mauerstreifen, heute ein Grünstreifen auf dem Gras, Kiefern und Birken wachsen, passieren wir die Siedlung hinter dem Evangelischen Waldkrankenhaus in Spandau und gelangen in kleine Mischwälder von Kiefern, Robinien und Eichen, die von Feldern abgewechselt werden. Von hier geht es Richtung Eiskeller im Ortsteil Hakenfelde. Das Gebiet heißt nicht nur so, weil hier früher Berliner Brauereien Eis aus dem nahen Falkenhagener See lagerten, sondern auch, weil dies der kälteste Ort Berlins ist. Im Winter kann es hier bis zu zehn Grad kälter sein als im Stadtzentrum.
Kletterturm an den Spektewiesen, Spandau, Berlin  © FM Rohm

Kletterturm an den Spektewiesen, Spandau, Berlin © FM Rohm

Berühmtheit erlangte der Eiskeller als eine von DDR-Gebiet umschlossene Enklave, die nur über eine links und rechts mauergesäumte Straße erreicht werden konnte. Nach mehreren Gebietstauschen änderte sich diese absurde Situation endgültig erst ein Jahr vor dem Mauerfall. Nun verlassen wir die Ausläufer des Spandauer Forstes und laufen weiter auf dem asphaltierten Weg zwischen ausgedehnten Feldern, die von Hollunder- und Buschrosenbüschen begrenzt sind. Wir umrunden den Eiskeller und biegen auf dem Weg im 90-Grad-Winkel Richtung Osten Havel ab. Nach zwei Kilometern erreichen wir wieder den Spandauer Forst und machen am kleinen Laßzinssee eine Rast. Am hinteren hölzernen Aussichtsturm kann man durch das dicht bewachsene Ufer einen Blick auf den idyllischen See und blühende Seerosen erhaschen.
 

Am Strand der Havel

Nun haben wir wieder weiche Waldpfade unter den Füßen und passieren harzig duftende Kiefernwäldchen und Kühle spendende Eichenbestände. In der Nähe des Kleinen Rohrpfuhls passieren wir die nächste Straße. Von hier geht es hügelig weiter bis zur Niederneuendorfer Allee und hinunter zur Havel. Die hat im Laufe der Zeit in eine kleine Bucht weißem Sand abgelagert. Bürgerablage heißt der beliebte Strand, und ein paar Meter kann man sogar in die Havel schwimmen. Dabei immer schön auf Boots- und Schiffsverkehr achten.

Bürgerablage an der Havel, Spandau, Berlin © FM Rohm

Bürgerablage an der Havel, Spandau, Berlin © FM Rohm

Nach der Rast geht es auf der Uferpromenade weiter Richtung Norden, ins Brandenburgische, in den Landkreis Oberhavel. Wieder laufen wir auf dem asphaltierten Mauerweg, teilweise kann man auf Pfaden direkt an der Havel wandeln. Linkerhand schließen sich gepflegte Einfamilienhäuser mit kleinen Gärten an den ehemaligen Todesstreifen an. Wer sich über die Geschichte der mörderischen Grenzanlagen informieren will, kann dies ein paar hundert Meter weiter in einem der wenigen vollständig erhaltenen Mauer-Wachtürme.
Wir folgen der Uferpromenade zum Nieder Neuendorfener See, durch den die Havel fließt. Gegenüber liegt der Berliner Ortsteil Heiligensee. Zu Mauerzeiten war die Havel hier mit massiven Wassergrenzanlagen gesperrt. Schiffe aus der DDR und dem Ostblock mussten West-Berlin über den Havelkanal umfahren. Nachdem wir diesen über die Brücke der Spandauer Allee überquert haben, biegen wir direkt hinter der Brücke scharf rechts ab und gelangen durch eine Industrielandschaft an flussaufwärts Richtung Zentrum von Hennigsdorf. Wir passieren das riesige Gelände der Bahnfabriken von Bombardier. Auf dem Gelände war bis 1991 das Kombinat LEW Lokomotivbau Elektrotechnische Werke angesiedelt.
Grenzturm-Museum Nieder Neuendorfer See © FM Rohm

Grenzturm-Museum Nieder Neuendorfer See © FM Rohm

Nun folgen wir der Uferpromenade Richtung Innenstadt von Hennigsdorf, bewundern das moderne Rathaus und stärken uns mit Kaffee und Kuchen für die Rückfahrt mit der Regionalbahn, die uns in einer guten halben Stunde zur Station Gesundbrunnen auf dem S-Bahnring bringt.

 

Mauermuseum und Blumen-Café

Jagdhaus An der Bürgerablage stärken sich Spaziergänger mit Bayerischen und Berliner Spezialitäten im großen Biergarten mit Blick auf die Havel. Niederneuendorfer Allee 80, Spandau, Tel. 33 60 44 94, täglich 10-19 Uhr, www.jagdhaus-berlin.de

Grenzturm Nieder Neuendorf In einem der wenigen komplett erhaltenen Grenztürme informieren ehrenamtliche Mitarbeiter wie Günter Himmelstoß (Foto) über die ausgeklügelten Grenzanlagen an der Berliner Mauer und die menschenverachtenden Befehle der Grenztruppen. Oben im Turm ist noch ein Original-Grenzposten-Fernglas zu sehen, der ganze Turm ist als Museum gestaltet. Kostenlose Führungen können zusätzlich gebucht werden. Uferpromenade, 16761 Hennigsdorf, Tel. 03302-87 73 12, Di.-So. 10-18 Uhr, www.hennigsdorf.de

Sabine Schröder vom Café Vergissmeinnicht, Hennigsdorf © FM Rohm

Sabine Schröder vom Café Vergissmeinnicht, Hennigsdorf © FM Rohm

Blumen-Café Vergissmeinicht Vor einigen Jahren peppte Sabine Schröder-Dinh (Foto) ihren Blumenladen mit einem kleinen Café auf. Auf der Terrasse oder in einer alten Scheune serviert sie guten Kaffee und selbstgebackenen Kuchen. Das Café liegt etwas versteckt, ist aber auf jeden Fall einen Besuch wert. Hauptstraße 22, 16761 Hennigsdorf, Tel. 03302-20 84 89, Do.+Fr. 12-17, Sbd.+So. 13-17 Uhr, www.blume-vergissmeinnicht.de

Der Ausflug dauert ca. 5 Stunden, die Strecke von Spandau nach Hennigsdorf beträgt rund 17 Kilometer, kürzer ist der Weg direkt an der Havel entlang, ohne Abstecher in den Eiskeller.

Veröffentlicht unter Reportagen