Da leuchten die Birnen weit und breit

Dieses Jahr tragen die Birnenbäume prächtig. Bald landen die Früchte auf unseren Tellern.

Leah Gilbert  - Restaurants La Mano Verde Foto: © FM Rohm

Leah Gilbert - Restaurants La Mano Verde Foto: © FM Rohm

Alexander Lucas, Clapps Liebling, Jeanne d’Arc, Präsident Dourard, Triumph von Vienne, Frühe von Trévoux, Köstliche von Charneu, Gellerts Butterbirne. So hießen vor fünfzig Jahren beliebte Birnensorten. Das ist lange vorbei.

Heute kauft man, was im Supermarkt unter Zellophan bis Ostern angestrahlt leuchtet wie die Ribbecksche Birne im Havelland aus Fontanes wundervollem Gedicht. Also spanische Limonera, italienische Santa Maria und Abate oder Williams Christ aus Südafrika und Argentinien. An heimische Sorten findet man nur noch die Gute Luise auf Wochenmärkten. Wohl dem, der einen eigenen Garten mit Birnenbäumen hat, oder jemand kennt, der einen hat.

Daniel Achilles, 2-Sternekoch des Restaurants Reinstoff in Mitte schätzt an der Birne „genau den regionalen Aspekt. Das ist etwas sehr deutsches, damit beeindruckt man auch internationales Publikum“.  Gerne erinnert er sich an die Birnenernte mit den Großeltern in Sachsen zu Selbstversorger-DDR-Zeiten. Aktuell schickt er in seinem  „Ganz-nah“-Menü gegrilltes Fruchtfleisch der Birnensorte Rote Forelle zu Rotbarsch und Petersilienwurzel in verschiedenen Deklinationen. Die gegrillte Birne bringe „eine gewisse Derbheit zum sanft gedünsteten Fisch“, erklärt der 36-jährige Chef. Soweit die Edelvariante.

Meistgeliebt ist die Birne jedoch so, wie es schon Fontane schreibt, als Obst auf die Hand, neudeutsch: to go. Aber auch schon in der Antike erfreute sich das Kernobst großer Beliebtheit. Als heilig sollen die Babylonier Birnenbäume verehrt haben. Die Römer kannten fast vierzig verschiedene Sorten, das war allerdings ein Klacks gegenüber rund 300 verschiedenen Birnensorten, die man im 17. Jahrhundert in Frankreich zählte. Sonnenkönig Ludwig der XIV. schätzte Birnenfrüchte über alles, berichtet Francoise Hynek in ihrem Buch „Jahreszeiten der Französischen Küche“, in dem sie ein köstliches Dessert mit Ziegenkäse-überbackenen Birnen vorstellt, das auf delikate Weise Nachtisch und Käsegang vereint.

Säuerliche Nashi-Birne

Leah Gilbert, Rohkost-Chefin des veganen Restaurants La Mano Verde, bringt mit der Birne eine herbstlich erfrischende Note auf den Teller ihrer Salat-Vorspeise. Dafür kocht sie Birnenspalten in Weißwein und eigenem Saft, und serviert das abgekühlte Obst in Chicoréeblättern. Dazu gibt es Wildkräuter, grünen Salat und geröstete Weißbrotstangen. Den Reiz dieser Vorspeise macht die Kombination von edler Süße der Birnen, Säure des Weins und grünen Noten des Salats aus.

Als Hauptgang schickt sie pochierte Williams-Christ-Birnen mit Bio-Risotto und Kompott von Roten Zwiebeln. Die 22-jährige Australierin ist fasziniert vom bodenständigen Geschmackserlebnis. „Eine meiner liebsten Herbstspeisen“, sagt die Köchin und nascht gleich einen Löffel davon.

Exotisch wird es bei Takeshi Kon, Chefkoch im japanischen Restaurant Kushinoya. Dort werden Bambusspießchen umwickelt mit feinsten Zutaten wie Thunfischbauch oder Rinderfilet, die dann kurz auf den Grill kommen. Zum Dessert hat 30-jährige Koch aus dem Norden Japans die japanische Nashi-Birne auf der Karte, die auch unter dem Namen Apfel-Birne oder China-Birne bekannt ist.

In Japan gilt sie als Delikatesse, die zu teilweise exorbitant hohem Preis gehandelt wird. Damit sie auf dem Transportweg keine Druckstellen bekommt, umhüllt die glattschalige, hellgrün bis bronzefarbene Birne häufig ein stoßdämpfendes Styropornetz.

Takeshi Kon bringt die feste, süßsaure Birne als Dessert. Zum einen als festes Sojamilch-Birnen-Kompott mit süßer Edamamepaste, eine Kombination, die sich geschmacklich eher unaufgeregt im Mund breit macht. Spannend ist seine zweite Version: Mit Kohlensäure versetztes Pflaumenwein-Gelee mit Nashibirnen-Streifen und Shizo-Blatt.


Buch und Restaurantverweise

Buchtitel: Jahreszeiten der Französischen Küche
Sprache: Deutsch
Autor: Francoise Hynek, Peter Urban-Halle
Verlag: Wagenbach
Preis: € 15,90
ISBN-10: 3803112966
ISBN-13: 978-3803112965
Kaufen: Jahreszeiten der Französischen Küche

Restaurant: Kushinoya
Adresse: Bleibtreustraße 6, 10623 Berlin-Charlottenburg
Öffnungszeiten: Di-So 18-23.30 Uhr
Fon: 030-31 80 98 97
Web: www.kushinoya.de

Restaurant: La Mano Verde
Adresse: Kempinski Plaza, Uhlandstraße 181-183, Berlin-Charlottenburg
Öffnungszeiten: Di – Sa – 12-23 Uhr
Fon: 030-82 70 31 20
Web: www.lamanoverde.com

Restaurant: reinstoff
Adresse: Schlegelstraße 26 C, Edisonhöfe, Berlin-Mitte
Öffnungszeiten: Di – Sa ab 18 Uhr
Fon: 030-30 88 12 14
Web: www.reinstoff.eu

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