Die Mode des Frühstücken-gehens erlebt eine Renaissance. Einige Tipps für die schönsten Orte in der Stadt
„Guten Morgen“ begrüßt Carola Bock die Gäste des Benedict an der Wilmersdorfer Uhlandstraße Ecke Pariser Straße. „Haben Sie reserviert?“ Zuerst wundern sich Gäste, warum ihnen um fünf Uhr am Nachmittag ein guter Morgen gewünscht wird. Dann wundern sie sich, über die anderen Wartenden. Ohne Reservierung braucht man in dem 24-Stunden-Frühstücks-Restaurant viel Geduld. Das Konzept kommt aus Tel Aviv. Berlin ist die erste Dependance außerhalb Israels und bereits nach knapp einem Jahr so erfolgreich, dass ein weiterer Standort in Mitte gesucht wird. In dem mit weißen Kacheln, kleinen Bistro-Tischen, Chippendale-Ledersofas und gedämpften Licht ausgestatteten 90-Sitzplätze-Lokal herrscht dreiviertel des Tages und der Nacht Hochbetrieb. Touristen, Hotelgäste und Berliner sind geradezu süchtig nach einem halben Dutzend Variationen der legendären Eggs Benedict. Zwei pochierte Eier auf hausgebackenem Brioche mit Spinat, klassisch mit Bacon und Schinken, oder mit Räucherlachs oder Shrimps und Spargel, umschmeichelt von einer hausgemachten Sauce Hollandaise. Stolze 15,20 bis 18,50 Euro kostet die Portion, immerhin ist ein Kaffeegetränk oder ein Mimosa-Cocktail aus Champagner und Orangensaft inbegriffen.
Zu den Pionieren der Berliner Frühstücks-Kultur zählt das Anna Blume am beliebten Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. Seit zwölf Jahren betreibt ein Trio das kuschelig eingerichtete Lokal, bis letztes Jahr wurden hier sogar noch Blumen verkauft, deshalb der Name. „Jetzt konzentrieren wir uns auf das Frühstück. Und das gibt es von acht bis 19 Uhr“, erklärt Sybille Hirsch. 100 Gäste finden innen, noch einmal so viele bei guten Wetter auf der breiten Trottoir-Terrasse Platz. Beliebt sind mehr als ein halbes Dutzend Eiergerichte, Renner ist die Etagere für zwei Personen. Sie vereint auf drei Ebenen Käse, Wurst, Marmelade, deftige und süße Quarkspeisen, mit Brötchen und Brot für 22,50 Euro. „Es gibt auch eine Variante Lachs und für Veganer bieten wir unser Frühstück Sonnentau an“, erläutert Sybille Hirsch.
Ganz auf Pariser Chic setzt Roland Kretschmer an Berlins neuer hipper Gastromeile, der Potsdamer Straße. Aus den Gründerzeiträumen eines ehemaligen Wettbüros hat er die elegante Brasserie Lumières gezaubert, mit tannengrün bezogenen Bänken und Holztischen. Der Name ist Programm, denn das Licht strömt in dem langen, schmalen Schankraum aus Lampen, die Teile eines ehemaligen Zeughaus-Kronleuchters sind. Gefrühstückt wird nur am Wochenende, dann aber ausgesucht und fein, mit Austern, acht Euro drei Stück, Croque Monsieru und Madame, eine kleine vegetarische Portions Oeuf a la Bénédictine. Bestseller des Frühstücksangebots ist laut Roland Kretschmer das hausgemachte Granola mit honig-karamellisierten Cornflakes, Nüssen, Joghurt und sorgsam ausgesuchtem Obst. „Orangen oder Grapefruits werden filettiert“, verspricht der Patron. 6,50 Euro kostet der gesunde Tagesstart.
Ebenfalls nur am Wochenende, aber erheblich exquisiter ist das „All day breakfast“ im Roca. Es findet sich im Erdgeschoss des Waldorf Astoria am Breitscheidplatz in Charlottenburg. Eggs Benedict werden hier mit Pastrami, Hummer oder Austern kombiniert. Die angeblich im New Yorker Waldorf Astoria erfunden Eier und ein süßes Gericht werden mit einem Glas Champagner für 37 Euro angeboten, für 69 Euro kann man so viel des prickelnden Edelschaumweins trinken, wie man verträgt. Das Angebot gilt von 10 bis 18 Uhr.
Ganz neu ist das Rose Garden an der Alten Schönhauser Ecke Torstraße. Das 140 Sitzplätze Lokal im Selbstbedienungsmodus hat sich hausgefertigtem Health-Food verschrieben. Sogar das Leitungswasser für Kaffee und Tee wird mit einer kleinen Anlage gefiltert. Aus der Küche, für die Danjiel Kresovic, ehemals Swiss 44, verantwortlich ist, kommen teilsweise mit Superfoods wie Quinoa oder Chia bestückte Bowls, grandiose Sandwiches, bestrichen mit Avocvado-Hummus oder Pesto von getrockneten Tomaten, Wraps und Eierspeisen. Für die werden nur Bio-Eier und Vollkorn-Sauerteigbrot als Unterlage verwendet. Die Preise liegen zwischen sechs und zehn Euro, das Publikum ist jung und international.
Vor zwanzig Jahren eröffnete Wolfgang Weyers das Weyers am Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf, seither bietet er von acht bis mittags, am Wochenende bis 15 Uhr ein gediegenes Frühstücksangebot zu sehr reellen Preisen an. Das beinhaltet inzwischen auch vegetarische und mediterrane Frühstücke. Sehr beliebt sind auch die verschiedenen Variationen von Rühreiern und das Clubsandwich. Derzeit stellt Weyers wieder eine größere Nachfrage nach Frühstück fest. „Unter Woche mehr von Geschäftsleuten, am Wochenende kommen gerne auch Familien mit Kindern“, erklärt der erfahrene Gastronom.