Berliner Ekelmuseum: Bullenpenis und Euterschnitzel

Mongolische Bloody Mary. Tomaten-Gemüsesaft mit Schafaugen. Foto: Disgusting Food Museum

In der Nähe des ehemaligen Checkpoint Charlie lockt das Ekel-Museum mit einer mehr als außergewöhnlichen Ausstellung zum Thema Essen. Dabei geht es auch darum, Nahrungsvielfalt vorurteilsfrei kennen zu lernen.

Die Eintrittskarte des „Disgusting Food Museum Berlin“ ist eine Kotztüte. „Das ist ein Vorgabe des schwedischen Disgusting Food Museum“, in dessen Lizenz das Berliner Haus betrieben wird. Museumsdirektor Martin Völker stellt klar, dass er zwar einige Vorgaben des skandinavischen Lizensgebers übernehmen musste, ansonsten sei der deutsche Ableger „sehr eigenständig.“ Mit einer gehörigen Portion Stolz behauptet der 50-jährige Kulturwissenschaftler und Kommunikations-Fachmann, das Ekel-Museum sei der „Punk unter den Berliner Museen“. 

Dabei kommen die rund 90 Ausstellungstücke durchaus museal daher, teilweise unter Plexiglashauben, erläutert von informativen Texttafeln, ergänzt durch Filme und neuerdings auch per Audio-Guide genießbar. Wobei genießbar in diesem Zusammenhang nicht jedermanns und jederfraus Sache ist. 

Gleich zu Beginn der Ausstellung gibt es einen Bezug zur aktuellen Pandemie: Ein Gericht aus Fledermaus und ein weiteres der zum Verzehr verbotenen, aber trotzdem in Asien sehr beliebten Schuppentiere, werden in Verbindung mit Corona gebracht. „Viele dieser eigentlich zum Essen verbotenen Tiere gelten als Medizin oder es werden ihnen potenzsteigernde Wirkungen nachgesagt“, erklärt Museums-Direktor Völker. 

Berliner Schnitzel auf Kuheuter. Foto: Disgusting Food Museum

Hoher Igitt-Faktor


Der Rundgang durch die Lebensmittel-Exponate ist wie ein Supermarkt nach Produktgruppen unterteilt. Getränke, Geflügel, Käse, Innereien, Landtiere, Meeresbewohner, Insekten, Vegetarisches, Veganes und Süßigkeiten mit extremem Geschmack, Geruch, Konsistenz und Aussehen werden gezeigt. 

Die Präsentation der Getränke geht heftig los: Chinesischer Mäusewein etwa. Für den werden Babymäuse in Reiswein ertränkt. Sie müssen noch blind und unbehaart sein. Dieser Wein soll gegen Asthma und Lebererkrankungen helfen. Wer‘s glaubt. Auf einem Bildschirm läuft ein Film, der zeigt, wie ostafrikanische Männer frisches Rinderblut trinken. Auch hart: die „Mongolische Mary“, Tomaten-Gemüsesaft mit Schafsaugen. Die sind laut Hinweistext überraschend nahrhaft. Weiter geht es mit angebrüteten Enteneiern, die auf den Philippinen als Delikatesse gelten. 

Auch olfaktorische Sensationen hält des Ekel-Museum bereit, etwa ein Stückchen der berüchtigten fermentierten schwedischen Fischspezialität „Surströmming“. Einmal den Deckel des Glases lüften und die nächsten Minuten brauchen die meisten, um den Würgereiz zu kontrollieren. Ähnlich bei den fünf am stärksten miefenden Käsesorten. Einen Tisch weiter steht ein Exemplar des sardischen „Casu Marzu“, in dem lebende Maden mit ihren Ausscheidungen für ein besonderes Aroma sorgen. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es eine tierbewohnte Käsespezialität: den Würchwitzer Milbenkäse. Bei dem Magerquark-Produkt sorgen winzige, spinnenartige Milben mit ihrem Speichel für den perfekten Reifeprozess. 

Auch Bullenpenis und Prärie-Austern, Bullenhoden, werden gezeigt, „gut gekühlt hält die Rohware bis zu drei Wochen“, verrät der Museumsdirektor. Wichtig ist ihm, neben dem Ekel-Faktor, auch zum Nachdenken anzuregen. „Wenn wir uns über den Verzehr von Fledermaussuppe aufregen, sollten wir uns fragen, ob das beliebte deutsche Gericht Tartar, rohes Rindfleisch mit Eigelb, Zwiebeln und Kapern, sich wirklich so sehr von gegrillten Bullengeschlechtsorganen oder kambodschanischen Vogelspinnen unterscheidet“, so Martin Völker. Ein weiteres Beispiel für durchaus ekelerregende Gerichte ist das Berliner Schnitzel, das aus Kuheuter besteht.

Distgutsting Food Museum Berlin-Direktor Martin Völker an der Tasting-Station. Foto: FM Rohm

Wichtig ist Museums-Direktor Völker, dass Besucherinnen und Besucher „über den Ekel-Effekt zum Nachdenken über Essverhalten, Nahrungsvielfalt und Ernährung angeregt werden“. Auch Tierwohl spielt im Museum eine Rolle, so werden Filme von Schweinen auf dem Weg zum Schlachthof gezeigt, und Videos, in denen zu sehen ist, wie Aktivisten auf chinesischen Märkten Hunde in viel zu kleinen Käfigen kaufen, um sie vor dem Kochtopf zu bewahren. 

Zum Abschluss des Museumsbesuchs gibt es an der Probierstation noch die Möglichkeit einer kulinarischen Mutprobe. Mehlwürmer, nussiger Geschmack, Buffalowürmer oder getrocknete Käfer mit Geschmack nach gegrilltem Bacon stehen zur Auswahl, aber auch Gummibärchen, deren Gelatinebestandteil unter anderem aus Schlachtabfällen gewonnen wird. 

Schützenstraße 70, 10117 Berlin-Mitte, Tel. 030 23 88 77 45, Fr-Di 11-19 Uhr, Mi und Do für Gruppen, Eintritt 12, erm. 9, bis 18 Jahre 7 Euro, www.disgustingfoodmuseum-berlin

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