Volkspark Humboldthain: Auf den Spuren von Krieg und Frieden

Humboldthöhe auf Hochbunker © FM Rohm

Humboldthöhe auf Hochbunker © FM Rohm

Zwischen den Jahren, also zwischen Weihnachten und Silvester, gibt es viele gute Gründe einen Spaziergang zu unternehmen.
Unser Spaziergang beginnt am U-Bahnhof Voltastraße. Nachdem wir den nördlichen Ausgang verlassen haben, stehen wir auf der linken Straßenseite vor einem Berliner Industriedenkmal. Das backsteinerne, sogenannte „Beamtentor“ mit dem goldfarbenen Schriftzug „Allgemeine Elektricitaets Gesellschaft“ ist der klägliche Rest eines der größten Industrieunternehmender Stadt. Noch Ende der 60er Jahre war AEG der zwölftgrößte Elektrokonzern der Welt mit fast 180 000 Mitarbeitern. 1982 wurde aufgrund von Managementfehlern Insolvenz angemeldet. Teile der beeindruckenden backsteinernen Industriearchitektur kann man noch entlang der Gustav-Meyer-Allee und in der Hussitenstraße sehen.
Ein Stück des ehemaligen AEG-Geländes gehörte vor rund 140 Jahren noch zum Volkspark Humboldthain. Den betreten wir dort, wo die Gustav-Meyer-Allee in die Brunnenstraße mündet.
Linkerhand liegt die 1956 in Stahlbeton erbaute evangelische Himmelfahrtkirche. Funktional und schmucklos hat sie Otto Bartning entworfen, mit Anklängen an seine in ganz Westdeutschland nach dem Krieg gebauten Notkirchen. Der Vorgängerbau, schräg gegenüber an der Ramlerstraße gelegen, war im Kampf um Berlin 1945 stark zerstört worden.
Ein Stück weiter steht das Tor des Abenteuer-Spielplatzes weit offen. Hier können Kinder, Jugendliche und Familien so Computerwelt-fremden Freizeitbeschäftigungen nachgehen wie Holzhütten bauen, im Freien toben, am Lagerfeuer Stockbrot backen und im Winter Schlitten ausleihen. „Wir haben die ganze Woche geöffnet. Nur von Weihnachten bis zum 5. Januar ist geschlossen“, sagt Antje Arnold.
Rosengarten Humboldthain Berlin Wedding © FM Rohm

Rosengarten Humboldthain Berlin Wedding © FM Rohm

Nun halten wir uns rechts und gehen einen asphaltierten Weg Richtung Rosengarten. Rotbuchen und Birken recken ihre kahlen Äste in den wolkenverhangenen Himmel. Das Gras leuchtet noch erstaunlich grün, dunkle Eiben begrenzten die Wege.

Zutritt verboten im Rosengarten

Nach einer Viertelstunde stehen wir vor verschlossenen Toren. Bis 1. April  ist die wunderschöne Anlage des Rosengartens geschlossen. „Vandalismus ist hier ein Thema“, hatte Antje Arnold vom Abenteuer-Spielplatz berichtet.
Einen guten Blick auf die akkurat getrimmten Buchs-Einfassungen und Rosenbeete hat man auf halbem Weg zur Humboldthöhe, die sich linkerhand auftürmt. Eine wuchtige Treppe mit dicken Eisengeländern führt auf für Berlinliner Verhältnisse beachtliche 85 Meter über Normalnull.

Gedenkstein für A. von Humboldt © FM Rohm

Gedenkstein für A. von Humboldt © FM Rohm

Als der Park 1869 zu Ehren Alexander von Humboldts von Gustav Meyer als rechteckiger Volkspark angelegt wurde, gab es diese Höhe nicht. Sie entstand als Folge des II. Weltkriegs. Nach den ersten Luftangriffen auf die Reichshauptstadt errichteten 1940/41 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene einen gigantischen Hochbunker mit Flaktürmen.
Während der Luftangriffe versuchten sich dort bis zu 10 000 Menschen in Sicherheit zu bringen..
Nach dem Krieg wurden die Bunker von den französischen Besatzungskräften gesprengt. Die Nordseite blieb wegen der direkt darunter verlaufenden S- und Regionalbahn-Gleise erhalten. Den Rest schütteten Trümmerfrauen jahrelang mit Millionen Kubikmetern Schutt auf. Anfang der 50er Jahre legte Gartenbau-Architekt Günter Rieck den Humboldthain in seiner heutigen Form an.
Auf den beiden ehemaligen Flak-Türmen hätte man eigentlich einen grandiosen Blick über die Stadt. Wegen der Sturzgefahr wurde jedoch die gesamte erhaltene Nordseite mit hohen Eisenstäben umgeben. Durch sie hat zwar einen vergitterten, aber trotzdem außergewöhnlichen Blick.
Die Treppen hinunter führt ein Weg rechterhand hinab auf eine Wiese und an einem Spielplatz vorbei bis fast zur Hochstraße.
Weiter links am Rand des Parks gehen wir entlang der Gustav-Meyer-Allee zu weiteren Bunkertrümmern. Wenn Schnee liegt, fungiert die leicht abschüssige Strecke als beliebte Rodelbahn.
Von dort queren wir den 29 Hektar großen Park noch einmal Richtung Nordosten. Zwischen Rosengarten und Humboldthöhe führt der Weg auf die Brunnenstraße. Nach ein paar Minuten erreichen wir den U- und S-Bahnhof Gesundbrunnen.

Informationen:

Unterwelten und Oberwelten
 

Abenteuerspielplatz
Seit 1981 gibt es den großzügig ausgestatteten Kieztreff für Kinder, Jugendliche und Familien. Im Blockhaus aus Holz steht ein großer Gruppenraum mit Holz- und Fahrradwerkstatt zur Verfügung, auch einen Kicker gibt es und viele Spiele, falls es regnet.
Sehr beliebt für Kindergeburtstage sind die Feuerstelle und der Lehmbackofen. „Hier ist immer was los“, freut sich Antje Arnold (Foto) vom vierköpfigen Erzieherteam.
Gustav-Meyer-Allee 4, Tel. 464 47 62, Mo-Fr 13-18, Sbd und So 12-18, Ferien, Sommerzeit 11-20 Uhr, www.asp-humboldthain.de

Berliner Unterwelten
An der Brunnenstraße 105 können zahlreiche Touren unter die Erde gebucht werden. Flakturm- und Bunker-Besichtigungen im Humboldthain erst wieder ab Anfang April. Zur Zeit überwintern hier hunderte Fledermäuse. Ab April täglich außer Mittwoch 12, 14, 16, Sbd und So zusätzlich 10 Uhr, 11 Euro, Tel. 49 91 05 17, Mo. –Fr. 10-16 Uhr, oder www.berliner-unterwelten.de

Gelateria Manuel, am Humboldthain, Wedding © FM Rohm

Gelateria Manuel, am Humboldthain, Wedding © FM Rohm

Herzhaftes, Eis und Kuchen gibt es in der Gelateria Manuel an der Brunnenstraße, fast gegenüber dem AEG-Tor. Die beiden spanischen Betreiber servieren einen guten Cortado, den kräftigen spanischen Milchkaffee, leckeren Kuchen, Tapas und selbst hergestelltes Eis. Brunnenstraße 83, Tel. 22 49 49 28, täglich 11-20 Uhr.

Der Spaziergang dauert ca. 2 Stunden, Start U-Voltastraße, Ziel U+S-Bahnhof Gesundbrunnen

Veröffentlicht unter Reportagen