Steinbergpark: Märchenwald im Norden

Zwischen Birken, Eiben und Kiefern durch den Steinbergpark in Reinickendorf

Rathaus Reinickendorf 2015 © FM Rohm

Rathaus Reinickendorf 2015 © FM Rohm

Unser winterlicher Ausflug beginnt am U-Bahnhof Rathaus Reinickendorf der Linie 8. Aus dem Untergrund aufgetaucht, sieht man ein auffälliges Gebäude-Ensemble, das sehr unterschiedliche Architekturstile miteinander verbindet. Der südliche Teil mit einem mehrstöckigen Funktionsbau und einem Riegel aus Glas, Stahl und Beton wurde in den Fünfzigerjahren errichtet und an das 1911 im holländischen Barockstil erbaute alte Rathaus angeschlossen. Ein wirklich gewagter Gegensatz.
Von der Spitze des Klinkerbaus leuchtet hellgrün eine mit oxydiertem Kupfer beschlagene Turmkuppel. Unten warten blumengeschmückte, auf Hochglanz polierte Limousinen am Rathauspark auf Hochzeitsgesellschaften. Im zweiten Stock befindet sich das Standesamt.
An einem Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft führt der Weg geradeaus zwischen einer Kastanienallee in den Triftpark bis an die Gorkistraße. Nachdem wir sie überquert haben, halten wir uns rechts und biegen an einer kleinen Grünanlage in die Rosentreterpromenade im Ortsteil Wittenau ein. Zwischen den Fahrbahnen verläuft ein Grünstreifen, links und rechts stehen gepflegte Ein- und Mehrfamilienhäuser. Am Ende der Promenade erreichen wir den südöstlichen Zipfel des Steinbergparks.
Auf dem gepflasterten Weg Am Packereigraben geht es über eine tiefer liegende Trasse. Früher fuhr hier eine Schmalspur-Industriebahn, heute sind die Gleise entfernt.

Von Hunden und Füchsen

Feuchtmoorwiese Steinbergpark 2015 © FM Rohm

Feuchtmoorwiese Steinbergpark 2015 © FM Rohm

In diesem Teil des Parks fällt der dichte Bewuchs mit vielen Bäumen auf, überwiegend Kiefern, Eichen, Birken, Akazien und Eiben, von denen viele von Efeu bewachsen sind. Das satte Grün des Efeus und das tiefdunkle Grün der Eiben erzeugen trotz der winterkahlen Bäume eine Stimmung wie im Märchenwald. Durch den spazieren unter der Woche überwiegend Hundebesitzer. Ihr Ziel ist der Auslauf, ein beliebter Treff von Zwei- und Vierbeinern. Christiane Pyrzewski kommt täglich mit Beagle Rico vorbei, der gerne mit anderen Hunden herumtollt und sich mit Leckerli verwöhnen lässt. „Rico kann nur hier von der Leine, im Park jagt er die Füchse. Davon gibt es mehrere“, berichtet die Hundehalterin.
Der gepflasterte Weg führt weiter in den Park und überquert den Packereigraben. Dieser kleine, etwa ein Meter breite, flache Wasserlauf hat sogar eine amtliche Gewässernummer, 762, und wird aus dem Seggelluchbecken und Klötzbecken beim Märkischen Viertel gespeist. Er fließt in den Steinbergsee, wieder hinaus und mündet schließlich in den Nordgraben. Dieser Entwässerungsgraben verbindet die Panke mit dem Tegeler See.
 

Niedermoor mit Feuchtwiese

Rechts des Weges liegt das Rosentreterbecken, ein Niedermoor mit einer seltenen Feuchtwiese. Die wird im Winter gerodet, damit sich hier vom Aussterben bedrohte Pflanzen wie das Sumpf-Herzblatt und Knabenkräuter, die zur Gattung der Orchideengewächse zählen, behaupten können.

Steinbergparksee 2015 © FM Rohm

Steinbergparksee 2015 © FM Rohm

Rentner Horst Steiniger berichtet, dass dort früher eine große Pferdekoppel gewesen sei. Der joggende Mittsechziger lebt seit vielen Jahren in der Nähe und erinnert sich noch an Zeiten, als die Industriebahn Kohlen für das Kraftwerk ins Märkische Viertel transportierte.
Wir gehen am Nordufer des kleines Sees entlang, der tiefgrün im frühen Nachmittagslicht schimmert. Eine Schar Enten spekuliert auf Futter und dreht schnell ab, als nur eine Kamera gezückt wird. Ab Frühjahr plätschert ein kleiner Wasserfall in den Steinbergsee. Am westlichen Ende des Gewässers geht es rechts bergan Richtung Waidmannsluster Damm, die Wegkehre führt zurück Richtung See. Linkerhand geht es hoch zu einem Dolmenmonument und zur Rodelbahn. Wir nehmen den breiten Weg links und verlassen den Park an der Nimrodstraße. Ein kurzer Abstecher führt uns zum Wahrzeichen von Waidmannslust, der Königin-Luise-Kirche im neugotischen Stil, an der Bondick-/Ecke Hochjadgstraße. Diese wird zur Avenue Charles de Gaulle, die in die ehemalige französische Militärsiedlung Cité Foch führt. Aus einem Flachbau klingt Musik. Direkt vor dem Haus Nummer 36 führt ein Trampelpfad längs des Packereigrabens Richtung Osten bis zur Jean-Jaures-Straße. An der biegen wir links ab und erreichen nach rund zweihundert Metern die S-Bahnstation Waidmannslust.

Chopin und Tomatenmarmelade
Julia Haußner, E. de musique 2015 © FM Rohm

Julia Haußner, E. de musique 2015 © FM Rohm

Seit 35 Jahren besteht die Deutsch-Französische Musikschule. Unter dem Dach der französischen Streitkräfte gegründet, wird sie seit 1994 von einem gemeinnützigen Verein organisiert. Mehr als zwei Dutzend Musikpädagogen unterrichten fast vierhundert Schüler. „Das Besondere ist, dass unsere Schülerinnen und Schüler nach Wunsch auch in französischer Sprache lernen können“, sagt Direktorin und Klavierlehrerin Julia Haußner (Foto). Insgesamt werden Kurse für 17 verschiedene Instrumente angeboten. Musikalische Früherziehung ist für Kinder ab 18 Monate möglich.
Avenue Charles de Gaulle 36, 13469 Berlin, Tel. 40 10 72 72, www.ecole-de-musique.de

Moderne Nachbarschaftsgastronomie in uriger Atmosphäre bietet das Café-Restaurant „Schollenkrug“. Neben preisgünstigem Mittagstisch gibt es jeden Tag ein kulinarisches Thema von Pasta bis Schnitzel, und eine Auswahl von á-la-carte-Gerichten.
Waidmannsluster Damm 77, Tegel, Tel. 433 90 78, So-Do 9-24, Fr + Sbd – 1 Uhr, www.schollenkrug.de

Im Januar übernahmen zwei türkische Frauen das „Schollenlädchen“ und bieten nicht nur Lebensmittel an, sondern auch sehr leckere selbstgemachte Kleinigkeiten. Gefüllte Teigtaschen, eingelegtes Gemüse und köstliche Tomatenmarmelade mit Mandeln stehen hoch in der Gunst der Kunden. Waidmannsluster Damm 68, Tel. 0178-178  0171, Mo-Sbd 7-19 Uhr.

 

Der Ausflug dauert mit kurzer Einkehr ca. 3 Stunden.

 

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