Harte Schale, weicher Kern

Gillardeau-Austern in der Austernbank, serviert in einer Oktopupus-Schale.

Austern zählen zu den ältesten Nahrungsmitteln der Menschheitsgeschichte. Zur Zeit erleben die lebenden Muscheltiere wieder mehr in Mode. Eine Auswahl bester Adressen

Bei Austern gilt nur hopp oder topp. Entweder sie werden mit Verzückung genossen, oder der Verzehr wird mit Ekel-Gesichtszügen abgelehnt. Für die Vertreter der Hopp-Fraktion gilt ein lebendes Wesen, in harter, dicker Schale auf Eis serviert, sehenden Auges zum Mund zu führen, den glitschig-kalten Mulluskel einige wenige Male zu kauen, hinunter zu schlucken und den salzigen Meeresgeschmack mit Weißwein, Sekt, Crémant oder Champagner hinunterzuspülen als Hochgenuss.

Seit Jahrmillionen haben sich Austern wild auf dem Meeresboden vermehrt. Und das in recht obszöner Weise, durch eine unfassbare Zahl von Spermien und Eiern, die sie zu bestimmten Zeiten ins Meer ausstoßen. Verrückt: In ihrem Leben wechselten sie mehrere Male ihr Geschlecht. Diesem Treiben hat der Mensch auf verschiedene Weise ein Ende gesetzt. Zum einen durch eine fast völlige Ausrottung der wilden Auster. Zum anderen durch die Schaffung einer nicht fortpflanzungsfähigen, „tripoliden“ Auster mit drei Chromosomensätzen. So verändert stammen die meisten in Austernbänken gezüchteten Austern aus Labortanks.

Etwa 280 Liter Meerwasser pro Tag filtert eine einzige Auster. Sie ernährt sich von mikroskopisch kleinen Treibstoffen. Damit sie vor dem Verzehr von belasteten Ballaststoffen befreit sind, verbringen sie vor dem Verkauf einige Wochen in sauberen Gewässern und kommen so als Fine de Claire, geklärt, in den Verkauf.

Täglich fünf bis sechs verschiedene Austern bei Diekmann.

Zu den West-Berliner Pionieren des Austern-Geschäfts zählt Josef Diekmann. In seinem Charlottenburger Feinschmecker-Restaurant werden seit fast vierzig Jahren je nach Verfügbarkeit fünf bis sechs verschiedene Austernsorten angeboten. Bezogen werden sie fast ausschließlich von einem Züchter aus dem Örtchen Cancale in der Bretagne. Über 95 Prozent der produzierten Austern sind pazifische Felsenaustern. Im „Diekmann“ kommen sie als Fine de Claire, Irische Felsenaustern, Gillardeau oder Tsaskaya aufs Eis, 3,50 bis 4,50 Euro pro Stück. In dem wunderschön eingerichteten Lokal, vorne 120-jährige Kolonialwarenregale, im Hinterraum elegant-gemütliches Holzambiente, wird auch eine wirkliche Rarität serviert. Es handelt sich um die Belon-Auster. Sie gehört zur seltenen Sorte der Europäischen Auster, mit rundlicher, flacherer, bräunlicher Schale und feinerem Geschmack, 6 Euro das Stück. Sogar Bio-Fine de Claire gibt es bisweilen. Die werden durch Membrankörbe gegen Plastikteile im Wasser geschützt.

Diekmann, Meinkestraße 7, Charlottenburg, Tel. 883 33 21, Di.-Sbd. 12-24, www.diekmann-restaurant.de

5 Austern bei Edeka Number 1 im Forum Steglitz jede Woche zum Angebotspreis.

Im riesigen Edeka-Markt im Forum Steglitz kann man die Meeresbewohner günstig erstehen und auf Eis genießen. In der sehenswerten Fischabteilung stehen Fine de Claire, Sylter Royal, Gillardeau und andere Austern zum Verkauf. Außerdem gibt es Montag bis Sonnabend fünf Austern auf Eis am Tresen, mit hausgemachter Himbeer-Essig-Vinaigrette, zum Beispiel Sylter Royal für 16,99 Euro. Ein Glas Crémant kostet 2,50 Euro.

Edeka Center No One, Forum Steglitz, Schoßstraße 1, Steglitz, Tel. 29 67 71 81 0, www.edeka.de

Gillardeau-Austern in der Gendarmerie serviert in Oktopupus-Schale.

In seinem Buch „Auster“ schreibt Autor Andreas Ammer, man esse die Auster „vorsichtig, beinahe zärtlich.“ Es gibt in Berlin kaum einen Ort, in dem man Austern so elegant genießen kann wie in der „Gendarmerie“ und der „Austernbank“ am Gendarmenmarkt. In dem sechs Meter hohen, vom weltgrößten Holzrelief des Künstlers Jean-Yves Klein dominierten 300 Sitzplätze-Restaurant „Gendarmerie“ wird französisch inspirierte Hauptstadtküche serviert. Ebenso in der „Austernbank“ im selben Gebäude. Die geöffneten Austern von Gillardeau, Perle du Mont Saint Michel und Krystale kommen in einem dekorativen Okopusgefäß zu Tisch, 42, 30 und 39 Euro das halbe Dutzend, doppelt so viel für das ganze Dutzend. Geschäftsführerin Anna-Maria Maaß hat noch einen außergewöhnlichen Verzehrtipp: Statt pur, mit Zitrone oder Essigvinaigrette „ruhig etwas Champagner in die Auster geben. Das ist prickelnder Meeresgeschmack“.

Gendarmerie und Austernbank, Behrenstraße 42, Mittel, Tel. 76 77 52 724, Di.-Sbd. 17-1 Uhr,www.gendarmerie-berlin.de

Zu den Klassikern des Austerngenusses zählt seit Jahrzehnten die „Austernbar“ im KaDeWe. Nach dem Umbau im, wie es Neudeutsch heißt, neuen Look, arbeiten hier in Spitzenzeiten sechs Männer hinter dem Tresen. Mit einer Guillotine genannten Vorrichtung werden die harten Schalen geknackt, mit feinem Pinsel von kleinsten Schalensplittern gereinigt, auf Eis gelegt und in der Regel im halben Dutzend serviert. Am Sonnabend herrscht Partystimmung, Gay-Community, Touristen und lebensfrohe Damen feiern die Auster mit Champagner oder Petit Chablis. Im Angebot sind Fine de Claire, Gillardeau, Sylter Royal, die übrigens im Winter in wärmere Gewässer transportiert werden, sonst erfrieren sie in der Nordsee, Tsarskaya, irische Oysri und Utah Beach, 4,50 bis 7,50 Euro das Stück.

KaDeWe Austernbar, Tauentzienstraße 21-24, Schöneberg, Tel.21 21 0, www.kadewe.de

Margaux Arabian und Oliver Chesler vom Restaurant Volk.

Vor dem Restaurant „Volk“ in Mitte stehen bisweilen helle Sperrholzkörbe gefüllt mit Austern. Denn darauf hatten sich Margeau Arabian und Oliver Cresler seit 2019 spezialisiert. Anfangs mit einer kleinen Austern-Streetfood-Bar, danach mit einem nebenan liegenden 40-Sitzplätze Bistro im 80er-Jahre-Stil. Zuerst kauften sie Austern bei Großhändler Hamberger, dann versorgte sie Margeaus Mutter mit Produzentenadressen aus Bretagne, Normandie und Südfrankreich. Ghislaine Arabian hatte beste Kontakte, war sie doch die erste mit zwei Sternen prämierte Köchin Frankreichs. Nun also gibt es neben exzellenten Fleisch- und Fischgerichten direkt vom Produzenten importierte Austern, neben Fine de Claire aus der besten Region Marenne Oleron, auch Belon, Utah Beach, und die seltenen Sorten irische Tia Maara, portugiesische Speciale Josephine, La Guittiere aus der Vendée und Creuse de Bretagne. Die Preise liegen verbraucherfreundlich zwischen 3 und 5 Euro das Stück. So gut ist die Qualität, dass inzwischen Berliner Restaurants bei ihnen ordern.

Volk, Brunnenstraße 182, Mitte, Tel. 0173-686 38 83, So.-Do. 12-24, Fr.+Sbd. 12-1 Uhr, www.volkmitte.de

Literatur: Austern, Andreas Amman, Matthes & Seitz Verlag, 22 Euro

Ein frisches und variantenreiches Austernangebot finden Sie auch in den Restaurants, die wir in unserem Artikel über die besten Lokale für die französische Fischsuppe Bouillabaisse vorstellt haben: Link

Austern zum Selberknacken, https://www.youtube.com/watch?v=iTb09cPjEZ4, ca. 3 Min, gut erklärt, oder Deutsche See, 26 Sec https://www.youtube.com/watch?v=lajc10y0IW8&t=20s

Straßenverkauf vor dem Restaurant Volk.

Adressen für Austernkauf:

Ledo, Forckenbeckstraße, Wilmersdorf, oder Heerstraße, Westend, www.ledomarkt.de

Frischeparadies, Morsestraße, Charlottenburg, und Hermann-Blanck-Straße, Prenzlauer Berg, www.frischeparadies.de

KaDeWe, Tauenzienstraße, Schöneberg, www.kadewe.de

Edeka Centermarkt Number One, Schloßstraße, Forum Steglitz, www.edeka.de

Veröffentlicht unter Feine Kost

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